Nobelpreise | Checkpoint-Therapien bringen wesentlichen Fortschritt
Medizin-Nobelpreis für neue Krebstherapie
Millionen Menschen sterben Jahr für Jahr an Krebserkrankungen. Ein wesentlicher Fortschritt stellte die Entwicklung bestimmter Immuntherapien dar, sogenannter Checkpoint-Therapien. Dafür bekommen zwei Forscher nun den Medizin-Nobelpreis.
Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an den US-Amerikaner James Allison und den Japaner Tasuku Honjo für die Entwicklung spezieller Krebstherapien. Das teilte das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm mit. Die beiden Forscher hätten den Kampf gegen Krebs entscheidend vorangebracht, hiess es von der Nobeljury. Die höchste Auszeichnung für Mediziner ist in diesem Jahr mit umgerechnet rund 900'000 Franken (9 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert.
Allison und Honjo hatten entdeckt, dass bestimmte Proteine als eine Art Bremse auf das Immunsystem wirken und dieses von der Bekämpfung von Tumorzellen abhalten. Löst man die Bremse, attackieren die Immunzellen die Krebszellen. Erste Therapien, die auf diesem Konzept basieren, sind als sogenannte Checkpoint-Therapien für verschiedene Krebsarten bereits verfügbar, beispielsweise für Lungenkrebs, Melanoma und Nierenzellkrebs.
Die Checkpoint-Therapie habe die Krebsbehandlung revolutioniert und unsere Ansichten, wie Krebs unter Kontrolle zu bringen ist, fundamental verändert, hiess es seitens der Nobeljury weiter.
Vom Konzept zur Behandlung
Der US-Amerikaner James Patrick Allison (geboren 1948), der seit 2012 an der University of Texas arbeitet, hatte herausgefunden, dass sich durch Aufhebung der Bremse das Immunsystem entfesseln lässt, wie die Nobeljury ihre Entscheidung begründete. Er entwickelte das Konzept zu einem neuen Ansatz zur Behandlung von Patienten weiter, unter anderem bei Schwarzem Hautkrebs. Er befasste sich vor allem mit dem Protein CTLA-4.
Der Japaner Tasuku Honjo (geboren 1942) von der Universität Kyoto untersuchte das Protein PD-1, das über einen anderen Wirkmechanismus das Immunsystem ausbremst. Therapien, die auf dieser Entdeckung beruhten, hätten sich als bemerkenswert effektiv im Kampf gegen Krebs erwiesen, so die Nobeljury.
Krebs töte jedes Jahr Millionen von Menschen und stelle eine der grössten medizinischen Herausforderungen für die Menschheit dar. Bis zu den Entdeckungen der beiden Mediziner sei der klinische Fortschritt bescheiden gewesen, so die Begründung.
"Das ist eine Revolution"
Das bestätigt auch Alessandra Curioni-Fontecedro von der Universität und dem Universitätsspital Zürich, die Lungenkrebs-Patienten mit Immuntherapien behandelt: "Das ist ein unglaublicher Unterschied zu den Therapieoptionen, die bis 2012 verfügbar waren", erklärte sie im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Bei fortgeschrittenem Lungenkrebs mit Tochtergeschwüren (Metastasen) habe die Überlebensrate nach drei Jahren mit Chemotherapie nur bei rund 10 Prozent gelegen. Mit den Immuntherapien liege sie bei 20 bis 30 Prozent, so Curioni-Fontecedro. Noch extremer ist der Erfolg bei Schwarzem Hautkrebs (Melanoma): Mit Chemotherapie leben nach drei Jahren noch weniger als 10 Prozent der Patienten, mit Immuntherapie rund die Hälfte. "Das ist eine Revolution", sagte die Forscherin.
Auch komme es bei dieser neuartigen Behandlung von Lungenkrebs sehr viel seltener zu schweren Nebenwirkungen, nämlich bei nur 5 bis 10 Prozent bei der Immuntherapie im Vergleich zu 30 bis 50 Prozent bei der Chemotherapie.
Idee vorangetrieben bis zur Anwendung
Den Nobelpreis für Allison und Honjo bezeichnet die Krebsmedizinerin als absolut berechtigt: "Sie haben nicht nur diese Moleküle entdeckt, und damit die Tür aufgestossen, weitere solcher Ansatzpunkte für Krebstherapien zu erforschen, sondern sie haben die Therapieidee auch vorangetrieben bis in die klinische Anwendung." Das sei etwas besonderes, da die klinische Anwendung oft von anderen Forschern entwickelt werde als den ursprünglichen Entdeckern.
Inzwischen habe sich ausserdem herausgestellt, dass eine Kombination der beiden Therapieansätze - gegen PD-1 und CTLA-4 - eine noch höhere Ansprechrate erreiche, so die Medizinerin. Curioni-Fontecedro erforscht zudem mit ihrer Gruppe am Universitätsspital Zürich, warum manche Patienten Patienten nicht auf die Checkpoint-Therapien ansprechen.
Allison und Honjo werden den Nobelpreis wie auch die anderen Preisträger am 10. Dezember entgegennehmen, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel. Seit 1901 haben 214 Menschen den Medizinnobelpreis erhalten, darunter 12 Frauen. Im vergangenen Jahr hatten die drei US-Forscher Jeffrey Hall, Michael Rosbash und Michael Young die Auszeichnung erhalten. Sie hatten die Funktion und die Kontrolle der Inneren Uhr erforscht.
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