Italien | Renzi kündigt nach historischer Niederlage Rücktritt an
Italiens Wahlsieger Fünf-Sterne und Lega wollen das Land regieren
Italiens Wahlsieger - die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und die Lega - wollen Regierungsverantwortung übernehmen, aber nicht zusammen. Auf Italien wartet eine langwierige und schwierige Regierungsbildung.
Nach der historischen Niederlage der regierenden Sozialdemokraten kündigte Parteichef Matteo Renzi seinen Rücktritt an. Der Platz des Partito Democratico (PD) sei künftig in der Opposition.
Der 31-jährige Spitzenkandidat der Fünf Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, sagte: "Wir haben die Verantwortung, Italien eine Regierung zu geben. Wir haben die historische Chance, konkrete Lösungen für Probleme zu finden, die Italien seit 30 Jahren belasten".
Keine Koalition verfüge über die notwendigen Stimmen, um Italien zu regieren. Daher sei seine Partei bereit, mit allen Kräften Gespräche zu führen. Die Fünf-Sterne-Bewegung war bei der Parlamentswahl am Sonntag mit 32 Prozent stärkste Partei geworden.
Der Wahlsieg der Fünf Sterne-Bewegung zeige, dass die Italiener "unabhängig von den Ideologien" für das M5S-Programm gestimmt hätten, sagte Di Maio. Laut dem süditalienischen Politiker habe in Italien nach der Wahl am Sonntag die "Dritte Republik" begonnen. "Die Dritte Republik wird eine Republik der Bürger sein", so Di Maio.
In Italien wird die aktuelle politische Phase als Zweite Republik bezeichnet. Diese nahm in den 1990er Jahren Gestalt an nach dem politischen Beben des Korruptionsprozesses "mani pulite", in dessen Verlauf die Parteien der Christdemokraten und der Sozialisten zusammenbrachen.
EU-Verträge revidieren
Auch die ausländerfeindliche Lega, die 17 Prozent der Stimmen eroberte, will mit ihrem Parteichef Matteo Salvini Italien regieren. Die Lega werde sich um die Revision der EU-Verträge bemühen. "Das System der Währungsunion wird zu Ende gehen und wir wollen darauf vorbereitet sein. Wir arbeiten, um einige EU-Verträge zu ändern", sagte Salvini.
Millionen Italiener hätten die Lega damit beauftragt, das Land "von der Unsicherheit und Instabilität zu befreien", die Ex-Regierungschef Renzi und Brüssel mit der ungeregelten Einwanderungspolitik zu verantworten hätten, sagte der Lega-Chef. Eine Koalition mit der Fünf Sterne-Bewegung, die mit der Lega die Kritik an Brüssel teilt, schloss Salvini entschieden aus.
Die Lega-Verbündete Forza Italia von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi kam auf 14 Prozent. Das Mitte-Rechts-Bündnis, dem Lega und Forza Italia, angehören, erreichte rund 37 Prozent. Damit wird die Allianz stärkste Kraft im Abgeordnetenhaus.
Wahlverlierer PD - Renzi tritt zurück
Sozialdemokraten-Chef Matteo Renzi ging als klarer Verlierer aus dem Urnengang am Sonntag hervor. Die regierende PD war auf rund 19 Prozent abgestürzt.
Es ist selbstverständlich, dass ich die Führung des Partito Democratico abtrete", sagte Parteichef und Ex-Ministerpräsident Renzi am Abend in Rom und erteilte einer Regierungsbeteiligung mit "den Extremisten" eine Absage. "In dieser Legislaturperiode ist unser Platz in der Opposition."
Die Niederlage zwinge die Partei, "eine neue Seite aufzuschlagen". Die Partei, der auch Ministerpräsident Paolo Gentiloni angehört, verlor auch wichtige Direktmandate in Hochburgen wie der Toskana oder in Umbrien. Bei der Wahl 2013 lag der PD noch bei 25,4 Prozent. Renzi hatte noch am Freitag angekündigt, bis 2021 auf dem Posten bleiben zu wollen.
Da keine Koalition die absolute Stimmenmehrheit erhalten hat, dürften die Verhandlungen zur Regierungsbildung in Rom besonders kompliziert werden. Für eine Regierungsmehrheit im Parlament muss eine Partei oder ein Bündnis auf mindestens 316 von insgesamt 630 Sitzen in der Abgeordnetenkammer kommen und im Senat mindestens 158 von 315 Sitzen gewinnen.
Schlüsselrolle für Mattarella
In den kommenden Wochen kommt Italiens Staatsoberhaupt Sergio Mattarella eine Schlüsselrolle zu. Er wird wohl nicht vor Anfang April Gespräche über eine Regierungsbildung aufnehmen. Das neue Parlament wird am 23. März erstmals zu seiner Sitzung zusammenkommen.
In Italien kam am vergangenen Sonntag erstmals ein neues Wahlsystem zur Anwendung, eine Mischung aus Persönlichkeits- und Verhältniswahl. Mit ihm wurde die Regel abgeschafft, dass die Partei oder Gruppe mit den meisten Stimmen im Parlament einen Regierungsbonus erhält. Um stabil mit einer absoluten Mehrheit der Sitze regieren zu können, war Experten zufolge nun eine Mehrheit von mindestens 40 Prozent der Stimmen nötig.
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