Politik | Kim Jong Un mit Charmeoffensive gegen Süden hin
Nordkoreas Machthaber will Südkoreas Präsidenten bald treffen
Wieder ein Paukenschlag von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un: Statt neuer Raketen- und Atomtests lädt er Südkoreas Präsidenten zu einem möglichst baldigen Besuch nach Pjöngjang ein. Die USA und Japan halten nicht viel von der Charmeoffensive.
Trotz seiner Unnachgiebigkeit im Konflikt um sein Atomwaffenprogramm will sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un bald mit Südkoreas Präsidenten Moon Jae In treffen.
Bei einem fast dreistündigen Treffen am Samstag in Seoul übermittelte Kims einflussreiche Schwester Kim Yo Jong eine Einladung nach Pjöngjang, wie der Sprecher des Präsidialamts mitteilte. Ein Besuch könne "zum nächstmöglichen Zeitpunkt" erfolgen, schlug Kim Jong Un vor.
Präsident reagiert zurückhaltend
Südkoreas Präsident, der von Nordkorea einen kompletten Verzicht auf sein Atomprogramm fordert, reagierte zurückhaltend: "Lassen Sie uns in Zukunft die nötigen Bedingungen dafür schaffen." Sollte Moon die Einladung annehmen und in die nordkoreanische Hauptstadt reisen, käme es nach 2000 und 2007 in Pjöngjang zu einem dritten Gipfeltreffen zwischen beiden Ländern.
Kims Schwester übergab Moon auch einen persönlichen Brief, in dem Kim Jong Un seinen Wunsch nach einer Verbesserung der Beziehungen äusserte. Wie das Präsidialamt berichtete, habe Moon die nordkoreanische Seite in dem Gespräch zu einer baldigen Wiederaufnahme des Dialogs mit den USA aufgerufen. Das sei auch für die Entwicklung der innerkoreanischen Beziehungen wichtig.
Am Abend nahmen Moon, Kim Yo Jong und das 90-jährige, protokollarische nordkoreanische Staatsoberhaupt Kim Yong Nam als Leiter der Olympia-Delegation an einem Spiel des kurzfristig gemeinsam gebildeten Teams der Eishockeyspielerinnen im Stadion in Gangneung teil.
Die Gäste aus Nordkorea sassen zwischen dem Chef des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, und dem Chef des Organisationskomitees, Lee Hee Beom. Zuvor hatte Vereinigungsminister Cho Myoung Gyon die beiden Spitzenfunktionäre zm Abendessen empfangen.
Kims 30-jährige Schwester Kim Yo Jong ist anlässlich der am Freitag eröffneten Olympischen Winterspiele in Pyeongchang als "Sondergesandte" ihres älteren Bruders nach Südkorea gereist. Sie ist das erste Mitglied der seit drei Generationen herrschenden Kim-Familie, das den Süden der koreanischen Halbinsel besucht.
Die Gespräche Moons mit der Schwester und Kim Yong Nam waren die ranghöchsten beider Koreas seit mehr als einem Jahrzehnt. Nach ihrer Teilnahme an der Eröffnung wurde die Delegation am Samstagmittag vom Präsidenten in seinem Amtssitz in Seoul empfangen.
Das südkoreanische Fernsehen zeigte Bilder, wie Moon lächelnd Kim Yo Jong, Kim Yong Nam und zwei weitere hohe Funktionäre begrüsste. Das Treffen, das ein Mittagessen einschloss, habe in "freundschaftlicher Atmosphäre" stattgefunden, sagte ein Sprecher. Südkoreas linksliberales Staatsoberhaupt hofft, über die Kooperation mit Nordkorea für die Winterspiele auch eine dauerhafte Entspannung und eine Lösung im Atomstreit erreichen zu können.
Verdeckter Plan?
Kim Jong Un hatte erst Anfang dieses Jahres nach langer Funkstille zwischen beiden Ländern zu erkennen gegeben, sich Südkorea annähern zu wollen. Kritiker sehen darin den Versuch, möglicherweise einen Keil zwischen Südkorea und seinem Alliierten USA treiben und sein Land ein wenig von den internationalen Sanktionen befreien zu wollen. Die Regierung in Washington, der Pjöngjang eine feindselige Politik unterstellt, sieht die Charmoffensive skeptisch.
Als Zeichen für die Spannungen über das Atom- und Raketenprogramm war US-Vizepräsident Mike Pence den Besuchern aus Nordkorea bei der Olympia-Eröffnung demonstrativ aus dem Weg gegangen. Pence wiederholte in Seoul, dass es weiter nötig sei, mit "maximalem Druck und Sanktionen" vorzugehen. Nordkorea arbeitet an der Entwicklung von Interkontinentalraketen, die einen Atomsprengkopf bis in die USA tragen können.
Die Kim-Schwester ermutigte Moon, nach Nordkorea zu kommen. "Die innerkoreanischen Beziehungen könnten sich schnell verbessern, so dass gestern wie eine weit entfernte Vergangenheit aussieht", zitierte ein südkoreanischer Sprecher.
Auch Japan ist kritisch
Auch Japan hält nicht viel von der Charmeoffensive. Die Differenzen wurden am Samstag bei einem Treffen zwischen Südkoreas Präsident und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe deutlich.
Moon habe dessen Aufforderung, Südkorea solle nach den Winterspielen bald wieder Militärübungen mit den USA aufnehmen, als Einmischung in innere Angelegenheiten zurückgewiesen. Es sei "unangemessen", dass Abe die Sache direkt anspreche, sagte ihm Moon laut Yonhap.
Die Einladung nach Nordkorea stiess auch in Südkorea auf gemischte Reaktionen. Mitglieder der Regierungspartei sprachen von einer historischen Gelegenheit. Doch warnten Oppositionspolitiker davor, auf den Norden hereinzufallen. Nordkorea nimmt mit einer rund 400 Mitglieder starken Delegation an den Winterspielen teil. Darunter sind 22 Athleten und eine 140-köpfige Künstlertruppe.
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