Kultur | Inmitten Kulturschaffender aus aller Welt nimmt Locher seinen Platz ein
«Das Thema Eros hat mich speziell gefordert»
Mühlebach | Bereits zum fünften Mal darf der Oberwalliser Künstler Leander Locher an der Landart Biel in der freien Natur ausstellen. Diesmal mit einer hölzernen Brust und einer Marionette zum Thema Eros.
«Ein vorgeschriebenes Thema für eine Installation ist für mich als Kunstschaffender grundsätzlich eine positive Herausforderung», sagt Locher in seinem Atelier in Mühlebach. In Biel wird dieses von Kardo Kosta, dem Kurator der Ausstellung, vorgegeben.
Die Landart dort gestaltet sich als eine Art Kunstlabor, in welchem sich etwa 40 Kunstschaffende aus der ganzen Welt mit dem vorgegebenen Thema auseinandersetzen. Jeder auf seine ganz spezielle Art und Weise: «Konkurrenzdenken ist in dieser Domäne nicht üblich. Gegenseitiger Respekt für Denken und künstlerischen Ausdruck herrscht vor.»
Holz in Kombination mit Gebrauchsgegenständen
Der Weg des künstlerischen Gestaltens hat beim heute 62-Jährigen mit Zeichnen und Malen begonnen. An Gemeinschaftsausstellungen waren seine Erstlingswerke 1985 und 1988 zu sehen. Seit nun etwa 15 Jahren hat sich bei ihm die Leidenschaft am gegenständlichen Ausdruck immer mehr ausgeprägt. «Es entstehen oft lebensgrosse Figuren aus dem Basismaterial Holz, gelegentlich in Kombination mit verschiedenen Gebrauchsgegenständen», erklärt Locher.
Zum Nachdenken und Schmunzeln anregen
Künstlerisches Gestalten sei für ihn ein Ventil, ein Bereich der Narrenfreiheit, der Irritation: «Dieser Bereich erlaubt es mir, Dinge aus reiner Lust und spontanem Antrieb auseinanderzunehmen und in neue Zusammenhänge zu setzen, Normalität und gesellschaftliche Relevanz auszuweiten und damit zum Nachdenken, aber auch zum Schmunzeln anzuregen.» Beim gestalterischen Wirken lässt er sich stark von der Natur inspirieren. Dabei entnimmt er dieser das Material, bearbeitet es und überlässt es der Natur danach wieder: «Die Figuren stehen draussen, verwittern, werden dadurch auf eine neue Art homogen.»
Was Eros im Menschen bewirkt und auslöst
In Biel stellte Locher 2014 erstmals aus: Madame Forêt hiess die Holzskulptur, eine aus im Unterholz gefundenem Material gebastelte Windfrau. Im vergangenen August wählte er den «Turmbau zu Babel», stellte verspielt und mit verschiedenen Holzarten und -elementen das Scheitern der Menschheit dar, einen Turm bis in den Himmel zu bauen. In diesem Jahr steht die Landart Biel unter dem Thema Eros: «Das Thema Eros hat mich speziell herausgefordert, weil mir von Beginn weg vorschwebte, nicht langweilig primäre Sexualorgane zu präsentieren, sondern eine Installation zu realisieren, welche sich darauf bezieht, was Eros oder Erotik im Menschen bewirken und auslösen», erklärt der Künstler.
Die Realisierung
So habe sich schliesslich seine Kernaussage herausgebildet, sagt Locher: «Eros macht Menschen zu Marionetten der Lust.» Die Installation umfasst entsprechend zwei Elemente: Die fliegende männliche Marionette mit Geschlechtsorgan und die vor ihr liegende Blume, deren Mittelpunkt eine Brust darstellt. «Die Marionette ist als Bild deshalb interessant, weil sie die Kernaussage genau darstellt. Das menschliche Wesen, welches triebgesteuert und ‹ausser Kontrolle› auf das von ihm fixierte Ziel zufliegt», führt Locher weiter aus.
Eine spezielle Herausforderung wird die Installation vor Ort sein. Locher fährt am Dienstag nach Biel, um sein Werk zu platzieren: «Am reservierten Platz wird sich mein Hauptinteresse darauf konzentrieren, diese beiden Elemente an diesem speziellen Ort so zu platzieren, dass deren wechselseitige Anziehung klar in den Mittelpunkt rückt», führt Locher weiter aus. Dies sei eine spezielle und schwierige Aufgabe, da sich vieles nicht zum Voraus planen lasse: «Anderes gestaltet sich plötzlich ganz anders als vorgesehen und kann das Konzept arg strapazieren, Änderungen notwendig machen oder auch zum Wechsel des Platzes führen.»
Doch genau darin liege die Spannung der künstlerischen Auseinandersetzung: Von einer Grundidee ausgehend bleibe sie offen für Unbekanntes und Neues. Dazu nochmals Locher: «Wichtig ist für mich, am Ende der Installationswoche von meinem Werk befriedigt zu sein, denn dadurch werden Lob und Kritik zu ergänzenden Elementen, können aber die Grundpfeiler meines Werks nicht zum Wanken bringen.»
Die Künstler haben diese Woche Zeit, im Laboratorium im Bözinger Wald in Biel ihre Kunstwerke zum Thema Eros zu platzieren. Die offizielle Ausstellung dauert vom 26. August bis zum 27. Oktober. Die Finissage ist tags darauf.
Daniel Zumoberhaus
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