Wahlbetrug | Zwei weitere Mittäter im Visier der Staatsanwaltschaft
Wahlfälscher handelte nicht allein

Entwendet. Abstimmungscouverts im Stapel. Nicht alle kamen bei den Wahlen 2017 in den Gemeinden Brig-Glis, Naters und Visp von den erwünschten Absendern.
Foto: Walliser Bote
OBERWALLIS | Bei den rechtlich noch der Aufarbeitung harrenden Wahlfälschungen vom März 2017 wird jetzt bekannt, dass der mutmassliche Täter aktive Helferschaft hatte. Die Oberwalliser Staatsanwaltschaft wirft zwei Personen Gehilfenschaft zur Wahlfälschung vor.
Bei der mutmasslich aktiven Helferschaft handelt es sich um eine Mutter und ihren Sohn, wohnhaft in der gleichen Gemeinde wie der mutmassliche Haupttäter. Bisher war man in der Öffentlichkeit davon ausgegangen, dass der Wahlfälscher im Alleingang gehandelt hatte.
Vorwurf des Diebstahls, der Urkunden- und Wahlfälschung
Der mutmassliche Wahlbetrüger war nach den in den Gemeinden Brig-Glis, Naters und Visp eruierten Unregelmässigkeiten bei den Staats- und Grossratswahlen 2017 recht rasch ermittelt. Es handelte sich um ein damaliges Mitglied der SVP, das zugunsten seiner Partei rund 60 Wahlzettel manipuliert hatte. Die Oberwalliser Staatsanwaltschaft wirft dem Mann nach längeren Ermittlungen mehrfachen geringfügigen Diebstahl, subsidiär mehrfache geringfügige Sachentziehung, mehrfache Urkundenfälschung, mehrfache Wahlfälschung und Stimmenfang vor. Die Anklage soll demnächst erhoben werden.
Das wurde vom Leiter der Oberwalliser Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold, der das Dossier führt, kürzlich gegenüber dem «Walliser Boten» bestätigt. Dies, nachdem die Strafkammer des Walliser Kantonsgerichts Ende April eine Beschwerde von alt Grossrat Andreas Zenklusen (Brig-Glis) abgewiesen hatte. Zenklusen hatte als Betroffener, weil unter Umständen wegen der Unregelmässigkeiten nicht mehr gewählter Grossrat, Akteneinsicht verlangt, die der Oberstaatsanwalt abwies. Die Folge war der Gang Zenklusens vors Kantonsgericht mit dem Ziel, Transparenz zu schaffen.
Mittäterschaft relativ spät entdeckt
Von Mittäterschaft war bisher in diesem Dossier in der Öffentlichkeit nie die Rede. Warum nicht? Oberstaatsanwalt Arnold sagte dazu gestern gegenüber dem «Walliser Boten», dass man auf die Mithelfer im Zuge der Ermittlungen relativ spät und fast eher durch Zufall gestossen sei. Ihre seiner Meinung nach geringfügigen Rechtsverletzungen werden denn auch nicht in einer Anklageerhebung beim Gericht landen wie für den Haupttäter, sondern durch den Erlass eines Strafbefehls abgehandelt. Konkret vorgeworfen wird Mutter und Sohn Gehilfenschaft zur Wahlfälschung. Vor Eröffnung der Anklage wird den Geschädigten via Parteimitteilung nun nochmals die Möglichkeit geboten, allfällige Beweisanträge geltend zu machen. Als Geschädigte gelten jene Personen, bei denen unbestritten ist, dass ihre Wahlunterlagen entwendet und manipuliert wurden. Fünf von ihnen wohnen in Visp, knapp 20 in Brig-Glis, die übrigen rund 35 in Naters.
Gemeinden nicht als Privatkläger zugelassen
Den Laien mag erstaunen, dass die Gemeinden Brig-Glis, Naters und Visp im zu behandelnden Verfahren nicht als Privatkläger zugelassen werden. Sie seien als Parteien durch den Diebstahl nicht unmittelbar geschädigt worden, lautet die Begründung der Staatsanwaltschaft. Jene, denen das Stimmmaterial aus den Briefkästen entfernt wurde, sind nur hinsichtlich des geringfügigen Diebstahls und der Sachentziehung betroffen. Ihnen wird nur diesbezüglich Akteneinsicht gewährt. Wahlfälschung gilt als Offizial-, nicht als Antragsdelikt. Mithin stellt die Strafbestimmung kein Individualstrafrechtsgut, sondern ein Kollektivrechtsgut unter seinen Schutz. Arnold verfolgt hier die gleiche Linie, die ihn schon davon abhielt, Zenklusen Akteneinsicht zu gewähren… und von der Strafkammer des Kantonsgerichts bestätigt wurde.
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