Burka-Verbot | Regeln sollen allerdings verschärft werden
Bundesrat präsentiert Gegenvorschlag zur Burka-Initiative
Der Bundesrat lehnt die Burka-Initiative ab, will aber die Regeln verschärfen. Zum einen sollen Kontakte mit bestimmten Behörden mit unverhülltem Gesicht erfolgen müssen. Zum anderen soll jeglicher Zwang, das Gesicht zu verhüllen, unter Strafe gestellt werden.
Das hatte der Bundesrat bereits im Dezember im Grundsatz entschieden. Am Mittwoch hat er nun die Vernehmlassung zu einem indirekten Gegenvorschlag eröffnet.
Die Volksinitiative "Ja zum Verhüllungsverbot" verlangt, dass in der ganzen Schweiz niemand im öffentlichen Raum das Gesicht verhüllen darf. Ausnahmen wären ausschliesslich aus Gründen der Sicherheit, der Gesundheit, des Klimas und des einheimischen Brauchtums möglich. Hinter der Initiative steht das "Egerkinger Komitee" um den Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann, das mit der Anti-Minarett-Initiative erfolgreich war.
Kantone sollen entscheiden
Der Bundesrat lehnt die Initiative ab. Diese schiesse weit über das Ziel hinaus, schreibt er im Bericht zur Vernehmlassung. Sie problematisiere ein seltenes Phänomen und greife in die bewährte kantonale Regelungsautonomie ein. Der Bundesrat will es weiterhin den Kantonen überlassen, über ein Verhüllungsverbot zu entscheiden.
Der Kanton Tessin hatte 2013 ein solches Verbot eingeführt, andere Kantone entschieden sich dagegen. Mit der Initiative wären solche differenzierten kantonalen Lösungen nicht mehr möglich, hält der Bundesrat fest. Vor allem könnten die Kantone nicht mehr selber regeln, wie sie mit verhüllten Touristinnen aus arabischen Ländern umgehen wollten.
Strafe für Verhüllungszwang
Er sei sich aber bewusst, dass die Gesichtsverhüllung zu Problemen führen könne, schreibt der Bundesrat. Deshalb schlage er gezielte Massnahmen auf Gesetzesebene vor.
Inakzeptabel ist für den Bundesrat, wenn Frauen gezwungen werden, das Gesicht zu verhüllen. Deshalb will er neu ausdrücklich im Gesetz verankern, dass dies strafbar ist. Der Tatbestand der Nötigung soll entsprechend ergänzt werden. Wer eine Person zwingt, sich zu verhüllen, dem soll eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe drohen.
Den Behörden das Gesicht zeigen
Daneben will der Bundesrat klar festlegen, unter welchen Voraussetzungen im Behördenkontakt das Gesicht enthüllt werden muss. Dadurch könnten Spannungen vermieden werden, schreibt er. Zudem hätten die Regeln eine präventive Wirkung.
Konkret sollen Personen ihr Gesicht Vertreterinnen und Vertretern von Behörden zeigen müssen, die von Bundesrechts wegen verpflichtet sind, eine Person visuell zu identifizieren. In machen Bereichen ist das heute schon vorgeschrieben, in anderen nicht.
Beispiel Kontrolleur
Das neue Gesetz schaffe die notwendige Klarheit, beispielsweise für die Personenbeförderung, schreibt der Bundesrat. Reisende, die keinen gültigen Fahrausweis vorweisen, müssen sich schon heute über ihre Identität ausweisen. Mit dem neuen Gesetz wäre klar, dass der Kontrolleur in diesem Fall das Gesicht einer Person sehen muss.
Wer einer wiederholten Aufforderung zur Enthüllung des Gesichts keine Folge leistet, soll mit einer Busse bestraft werden. Liegt die visuelle Identifizierung allerdings im ausschliesslichen Interesse derjenigen Person, die sich weigert, ihr Gesicht zu enthüllen, ist dieses Verhalten nicht strafbar. Meist werde die Behörde der betroffenen Person in diesen Fällen die Leistung verweigern, hält der Bundesrat fest.
Kopftuch wäre noch möglich
Zu den Vorschlägen können nun Parteien und Verbände Stellung nehmen. Der Vernehmlassungsbericht thematisiert auch die Auslegung der Initiative. Bei einer Annahme wären Gesichtsverhüllungen aller Art verboten, also beispielsweise Vermummungen an Demonstrationen, aber auch religiöse Gesichtsverhüllungen wie Burka und Nikab.
Dagegen wäre es weiterhin möglich, ein Kopftuch oder einen Schal zu tragen, der die Haare bedeckt. Gemäss Auslegung des Bundesrates muss das Gesicht von der Stirn bis zum Kinn sichtbar bleiben. Ob eine dunkle Sonnenbrille kombiniert mit einem umgebundenen Schal und einem Mundschutz unter das Verbot fiele, ist für den Bundesrat unklar.
Häusliche Gewalt stärker verbreitet
Die Initiative richte sich gegen die Burka und den Nikab im öffentlichen Raum als Symbole eines Gesellschaftsverständnisses, das in weiten Teilen der Welt die Unterdrückung der Frau zementiere, hält der Bundesrat fest. Die Diskriminierung der Frau kenne aber verschiedene Facetten. Häusliche Gewalt oder Lohndiskriminierung seien weit stärker verbreitet als Burka und Nikab.
Zudem sei nicht ausgeschlossen, dass Frauen, denen die Vollverhüllung im öffentlichen Raum verboten werde, sich aus dem öffentlichen Raum zurückzögen, was ihrer gesellschaftlichen Isolierung Vorschub leiste. Weiter gibt der Bundesrat zu bedenken, dass die Schweiz sich zu einer liberalen Gesellschaftsordnung bekenne. Flächendeckende Kleidervorschriften stünden dazu im Widerspruch.
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