Terrorismus | Ehemalige Bundesanwältin und Uno-Sonderermittlerin mit klaren Worten
Carla del Ponte kritisiert Bundesrat wegen Dschihad-Reisenden
Die ehemalige Bundesanwältin und Uno-Sonderermittlerin Carla del Ponte kritisiert den Bundesrat wegen dessen Weigerung, Schweizer Dschihad-Reisende zurückzuholen. Nur wenn sie in der Schweiz vor Gericht gestellt würden, könnte aus diesen Fällen gelernt werden.
«Aus meiner Sicht ist es am besten, wenn wir die Dschihadisten aktiv zurückholen und hier vor Gericht stellen», erklärte del Ponte in einem Interview der «Schweiz am Wochenende». Sie verstehe nicht, weshalb Justizministerin Karin Keller-Sutter dies ablehne.
Es sei wichtig, dass man die Fakten kenne und von jedem wisse, weshalb er oder sie in den Krieg gezogen sei. «Nur so können wir von diesen Fällen lernen», so del Ponte. Die Strafverfolger in der Schweiz könnten diese Leute ohne weiteres anklagen.
Zudem sei es besser, die Leute kontrolliert zurückzuholen, als wenn diese unkontrolliert einreisen könnten. «Das ist gefährlicher», so die Einschätzung von del Ponte.
Auf den Vorhalt, Keller-Sutter möchte, dass die Täter am Tatort vor ein internationales Gericht kommen, gab del Ponte zurück: «Vor welches Gericht denn?» Es gebe keines, und wenn, dann höchstens ein Scharia-Gericht ohne rechtsstaatliche Garantien.
Keller-Sutter ist wegen Sicherheitsbedenken dagegen, Schweizer IS-Kämpfer zurückzuholen. Bei Kindern soll eine Rückführung fallweise aus Rücksicht auf das Kindeswohl zumindest geprüft werden.
Erdogan wegen Kriegsverbrechen anklagen
Eine klare Ansage machte del Ponte im Interview auch zur Rolle der Türkei im Syrienkonflikt. Mit der Invasion in Syrien verletze das Land internationales Recht. «Es ist eine Schande, dass die internationale Gemeinschaft dies duldet.»
Gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sollte eine Untersuchung eröffnet und dann Anklage wegen Kriegsverbrechen gegen ihn erhoben werden. Er dürfe nicht ungeschoren davon kommen, so del Ponte, um gleich nachzuschieben, dass dies «sowieso unrealistisch ist».
Der politische Wille der internationalen Gemeinschaft, Kriegsverbrecher konsequent zu verfolgen, sei leider verschwunden. Sie habe sich gedacht, dass nach den Tribunalen in Jugoslawien und Ruanda weniger Kriegsverbrechen geschehen würden. «Wir hätten uns vorgestellt, dass Generäle und Präsidenten sich zurückhalten würden, weil es nun einen permanenten Gerichtshof gibt, der ihnen auf die Finger schaut.»
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