Ständeratswahlen | Rekurs gegen 2. Wahlgang im Tessin
Fast 200 Couverts zu spät eingetroffen
Der Rekurs gegen den zweiten Wahlgang im Tessin zieht immer weitere Kreise. Gemäss dem Tessiner Anwalt Gianluca Padlina sind 186 Wahlcouverts aus dem Ausland erst nach dem 17. November im Tessin eingetroffen.
Padlina verlangt nun von der Regierung die Offenlegung der Fakten rund um den Versand des Wahlmaterials. Der Anwalt möchte unter anderem wissen, welche Gemeinden die Unterlagen mit welcher Frankierung verschickt haben. Leitet die Regierung die Abklärungen nicht in die Wege, könnte das Verwaltungsgericht diese anordnen.
Bisher habe er erst die Daten von 22 der insgesamt 115 Tessiner Gemeinden, sagt der Anwalt und CVP-Gemeinderat von Mendrisio auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. "Von vier Gemeinden weiss ich, dass sie das Wahlmaterial erst nach dem 29. Oktober abgeschickt haben." Die Regierung stellte sich bisher auf den Standpunkt, dass zu diesem Zeitpunkt alle Gemeinden im Kanton die Wahlunterlagen bereits verschickt hatten.
Zudem habe er Kenntnis, dass mindestens eine Gemeinde für den Versand der Wahlunterlagen B-Post verwendet habe, fügt Padlina an. Das Gesetz schreibt für Wahlunterlagen einen Versand mit A-Post vor.
Tiefe Wahlbeteiligung der Ausland-Tessiner
Ein weiteres Indiz in den Augen Padlinas, dass beim Versand des Wahlmaterials an die Ausland-Tessiner geschlampt wurde, ist die Wahlbeteiligung dieser Bevölkerungsgruppe. Diese ist beim zweiten Umgang um 27 Prozent zurückgegangen, wie ihm die Regierung mitgeteilt habe. "Das leuchtet überhaupt nicht ein, da auf kantonaler Ebene die Wahlbeteiligung beim zweiten Wahlgang gegenüber dem ersten lediglich um 1,2 Prozent sank", resümiert der Anwalt.
Bei seinem Rekurs gehe es ihm auch darum, die Öffentlichkeit über die Abläufe rund um den zweiten Wahlgang zu informieren, sagt Padlina. Die Tessiner Regierung kritisiert er scharf. Sie habe ihm die Akteneinsicht verweigert und nehme keine Stellung zu den Vorgängen.
Am Montagabend verschickte die Regierung ein kurzes Communiqué, in welchem sie festhält, dass sie bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine Angaben zum Rekurs mache und insbesondere keine Informationen an die Medien weitergebe. Zuvor waren aber bereits diverse Stellungsnahmen, über die ausschliesslich die Regierung verfügte, an die Medien gelangt.
Äusserst knappes Ergebnis
Der zweite Wahlgang der Ständeratswahl fand im Tessin am 17. November statt. Das Gesetz schreibt vor, dass die Abstimmungscouverts mindestens zehn Tage vor dem zweiten Wahlgang bei den Abstimmenden eintreffen müssen.
Im zweiten Wahlgang vom 17. November flogen CVP und FDP aus dem Ständerat. Gewählt wurden Marco Chiesa (SVP) und Marina Carobbio Guscetti (SP). CVP-Urgestein Filippo Lombardi wurde nach zwanzig Jahren im Ständerat abgewählt - jedoch betrug der Stimmenunterschied zwischen Lombardi und der gewählten Carobbio lediglich 46 Stimmen.
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