Politik | Komitee zieht Initiative zurück
Schweizer Väter erhalten künftig zwei Wochen bezahlten Urlaub
Die Schweiz kann einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen einführen. Das steht fest, nachdem das Parlament die Gesetzesgrundlagen dafür gutgeheissen hat und die Volksinitiative für vier Wochen Vaterschaftsurlaub zurückgezogen worden ist.
Die Volksinitiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub - zum Nutzen der ganzen Familie» war von vier Dachverbänden und über 160 Organisationen eingereicht worden. Es waren Travail.Suisse, Männer.ch als Dachverband von Mütter- und Väterorganisationen, Alliance F und Pro Familia Schweiz.
Das Komitee hat seine Initiative bedingt zurückgezogen; ein Referendum gegen die zwei Wochen Vaterschaftsurlaub ist indes bisher nicht angekündigt worden. Für das Komitee ist aber mit dem Rückzug die Forderung nach mehr Papizeit nicht vom Tisch. Vielmehr will es Platz machen für die Diskussion über eine Elternzeit.
Verschiedene Forderungen
Verschiedene Projekte seien in Diskussion, die eines gemeinsam hätten, schrieb das Komitee am Mittwoch: eine reservierte Zeit für Mütter und eine für Väter. Schon in der Parlamentsdebatte zum Thema war es zeitweise schwierig gewesen, den Überblick zu behalten.
Im Parlament bezeichneten viele den Vaterschaftsurlaub als bereits veraltet. Die sogenannte Elternzeit - also eine Auszeit für Eltern mit Jobgarantie - sei das Konzept der Zukunft, weil Frauen und Männer beim Geburtsurlaub tatsächlich gleichgestellt würden. Diese Forderungen reichten bis zu 52 Wochen Elternzeit.
24 Wochen Elternzeit forderte schon 2016 die Eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKF). Ein Anteil davon soll in ihren Augen fest für Väter reserviert sein, damit ihre Präsenz in der Familie gestärkt wird. Sie sieht die Elternzeit auch als Mittel, um Elternschaft und Berufsleben besser zu verbinden.
Für Mütter müsste in den Augen der EKF der Anspruch nach dem 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub beginnen, für Väter nach einem allfälligen ebenfalls unmittelbar geburtsbezogenen Vaterschaftsurlaub. Bezogen werden soll der Urlaub während des ersten Jahres nach der Geburt des Kindes.
Die Initiative habe eine gesellschaftliche Diskussion über Elternzeit, Rollenverteilung und Familienpolitik lanciert, stellte das Komitee fest. Sei heute in Leitmedien zu lesen, dass endlich über eine Elternzeit diskutiert werden solle, habe ein gesamtgesellschaftliches Umdenken stattgefunden.
Per 1. Juli 2020 umsetzen
Das Initiativkomitee fordert vom Bundesrat, die Gesetzesänderung innerhalb von neun Monaten umzusetzen, also per 1. Juli 2020. Väter könnten gemäss dem Parlamentsbeschluss in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes zwei Wochen bezahlten Urlaub nehmen.
Dieser wird wie der Mutterschaftsurlaub über die Erwerbsersatzordnung (EO) finanziert. Die geschätzten Kosten belaufen sich laut dem Bund auf rund 229 Millionen Franken pro Jahr. Für den zweiwöchigen Urlaub würden 0,06 zusätzliche Lohnprozente je hälftig bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern erhoben.
Keine gesetzliche Regelung
Der Bundesrat muss den Entscheid gegen seinen Willen umsetzen. Er hatte die Volksinitiative und den indirekten Gegenvorschlag abgelehnt. Ein Ausbau der familien- und schulergänzenden Betreuungsangebote für Kinder und ein Betreuungsurlaub für Eltern von schwerkranken Kindern wiesen ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis auf, schrieb er. Wirtschaftsverbände hatten sich in der Vernehmlassung gegen den Vaterschaftsurlaub gestellt.
Der Urlaub für Väter ist in der Schweiz heute gesetzlich nicht geregelt. Männer können nach der Geburt ihres Kindes einen bis zwei freie Tage einfordern. Einzelheiten dazu stehen im Arbeitsvertrag. Es gibt allerdings Arbeitgeber, die Vätern längere Auszeiten gewähren, beispielsweise das Pharmaunternehmen Novartis.
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