1.-August-Feier | Bundesrat Johann Schneider-Ammann ist bei seinem Besuch in Binn voller Lob für die Schweiz und hält fest:
«Ich habe mich selbst eingeladen»
Binn | Alle 144 Einwohner schienen versammelt zu sein, als Bundesrat Johann Schneider-Ammann vor dem Schulhaus in Binn zu seiner 1.-August-Rede an setzte: In dieser lobte der Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung die Schweiz über den grünen Klee.
Ein bundesrätlicher Besuch kommt jeweils einem kleinen Phänomen gleich. So auch am Nachmittag des 1. August in Binn, als erst der Fahnenträger vom Hotel Ofenhorn her am Eck des Postgebäudes erscheint und sich sofort eine Menschengasse öffnet, durch die der Weibel und Bundesrat Johann Schneider-Ammann mit seiner Sekretärin hindurchschreiten. Auch bei Schneider-Ammann kommt die Aura, die das Amt dem Bundesrat verleiht, voll zum Zug. Funkelnde Augenpaare hier, Fotowünsche dort. Alle paar Meter ist Händeschütteln angesagt. Dabei teilen Menschen auch schon mal kurz persönliche Anekdoten mit dem FDP-Politiker. «Und so haben wir uns kennengelernt», schliesst der eine und strahlt mit seiner Frau um die Wette.
Der Bundesrat macht alle nervös
Schneider-Ammanns Amt lässt bei vielen Anwesenden auch ein wenig Nervosität aufsteigen. Einem Bundesrat begegnet man schliesslich nicht alle Tage. Dagegen ist auch Gemeindepräsidentin Jacqueline Imhof-Schmid nicht gefeit, die den Wirtschaftsminister mit «Ammann-Schneider» auf die Bühne wünscht. Ein kurzes Lächeln huscht über sein Gesicht, während er die Stufen hochsteigt und ans Rednerpult tritt. In der letzten halben Stunde habe er darüber nachgedacht, ob es zum Zeitpunkt seiner Rede noch regnen werde und ob er seine Rede deshalb in der Länge anpassen sollte, beginnt er. Er habe sie schliesslich um die Hälfte gekürzt. «Zudem fragte ich mich, ob hier alle wegen mir Hochdeutsch sprechen. Falls das so ist, dürft ihr gerne auf Walliserdeutsch weitermachen», zeigt er sich volksnah.
Warum der Wirtschaftsminister die Gemeinde Binn, die wie viele Berggemeinden seit Jahren gegen die Abwanderung kämpft, für eine 1.-August-Rede ausgewählt hat? «Ich bin hier, weil ich mich selbst eingeladen habe», so Schneider-Ammann. Genau vor 30 Jahren habe er mit seiner Familie den 1. August in Binn gefeiert. Auf diese Tatsache sei er kürzlich von seinen Kindern hingewiesen worden und so habe er sich entschieden, 30 Jahre später wieder nach Binn zu kommen. Die Gemeinde darf sich also bei Ammann-Schneiders Kindern bedanken.
«Die Schweiz ist ein Paradies»
Anschliessend nutzt er den Rahmen des Nationalfeiertags für ein paar Worte zur Lage der Nation: «La Suisse est un petit paradis», das sage er mit aller Bescheidenheit. Vollbeschäftigung und Rechtssicherheit. Dazu eine weltmeisterliche Innovationskraft. Wenn er das so aufzähle, höre er sich wie ein Angeber an, aber die wirtschaftlich hervorragende Position des Landes sei alles andere als gottgegeben. Das habe das Schweizer Volk sich selbst zu verdanken, seinem Einsatz und ganz besonders auch dem dualen Bildungssystem, um das man vielerorts beneidet werde. Als Land ohne Bodenschätze müsse man hier auch zukünftig stark bleiben. Die Berufsbildung sei hier von zentraler Bedeutung. «Wir müssen wie das Wallis mit Lonza industrialisiert bleiben», so Schneider-Ammann. Dafür sieht er vier essenzielle Kriterien: Das Bildungssystem mit seinen Hochschulen und Universitäten muss wie bis anhin spielen. Die Digitalisierung muss in Fleisch und Blut übergehen. Die KMU müssen als Stütze des Landes ideale Rahmenbedingungen vorfinden. Und mit Blick auf die Fachkräfterekrutierung müsse man in Zukunft vor allem das Potenzial bei den Frauen aktivieren. «Wir müssen jungen Frauen die Naturwissenschaften schmackhaft machen», ist der Bundesrat überzeugt.
Einmal am Sprechen, nimmt er die gestrichenen Passagen dann doch wieder in seine Rede auf. Er sage doch noch etwas zur Landwirtschaft. Schneider-Ammann prangert die überbordende Bürokratie an und betont, dass die Landwirtschaft auf Effizienz getrimmt werden müsse und er von den Bauern Eigenverantwortung fordere.
Nachdem er noch einige Zeit für Fotos posiert, Hände schüttelt und kurz das neue Schulhausgebäude bewundert, machen sich er und sein Team auf nach Fiesch, wo der Helikopter nach Freiburg wartet. Seine dritte Rede wartet.
mas
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