Nutztiere | Philipp Gruber züchtet einzigartige Kupferhalsziegen
Bärtige Raritäten auf Zaniglaser Bergweiden
In der Schweiz gehört die Kupferhalsziege zu den gefährdeten Ziegenrassen. Auch in ihrem angestammten Verbreitungsgebiet, dem Wallis, sind die Nutztiere selten geworden. Züchter Philipp Gruber aus St. Niklaus hat sich den attraktiven Ziegen angenommen.
Beschaulich ist die Stallung von Philipp Gruber im Weiler Rittinen auf halbem Weg zwischen St. Niklaus und Grächen gelegen. Der erfahrene Ziegenzüchter nutzt einen der seltenen Schönwettertage Mitte Juni, um einigen seiner Kupferhalsziegen auf einer steil abfallenden Bergweide Auslauf zu gewähren. Nimmermüde, trittsicher und scheinbar mühelos erkunden die seltenen Ziegen das abschüssige Gelände, knabbern ennet dem Zaun an den zart-weissen Blüten der Schafgarbe, die wegen des nasskalten Wetters bis dato nur zögerlich gediehen sind, und machen sich zum Missfallen des Halters neugierig über die Rinde einer noch jungen Esche her. «Nun werden die Tiere ungeduldig und sind im Laufstall kaum noch zu halten», erklärt Gruber. Es locken würzige Bergkräuter und schroffe Felswände in höchsten Höhen; die widerstandsfähigen Ziegen zieht es auf die Alpe.
Insgesamt 15 Exemplare der bärtigen Raritäten einschliesslich zweier Böcke kann der 33-jährige Zaniglaser, der die behornten Tiere zusammen mit seinem Bruder Simon Gruber seit rund 20 Jahren erfolgreich heranzieht, sein Eigen nennen. Die erste Geiss habe er von seinem Vater erhalten, der diese damals in der Deutschschweiz gekauft habe. Seither hätten ihn die «Kupferhälse» nicht mehr losgelassen und inzwischen hat sich auf dem landwirtschaftlichen Kleinbetrieb der Familie Gruber eine stattliche Herde mit guten Zuchttieren entwickelt. Neben den Kupferhalsziegen meckern in Grubers Laufstall im Nikolaital überdies zehn ebenfalls aussergewöhnliche Capra Sempione.
Ur-Ahnin der Walliser Schwarzhalsziege
Mit seinem Faible für die seltenen Prachtexemplare, die wie die Walliser Schwarzhalsziegen und die Grüenochten Geissen zur Gruppe der Walliser Ziegen gehören, leistet Philipp Gruber einen wertvollen Beitrag zu dem vor neun Jahren von der Stiftung ProSpecieRara lancierten Erhaltungsprojekt, das die Rettung und den Weiterbestand der Kupferhalsziege zum Ziel hat. Der begeisterte Halter weiss, dass die halbbraunen und halbweissen Vierbeiner mit ihrem langen Haarkleid früher immer wieder in den Beständen der Walliser Schwarzhalsziegen aufgetaucht sind. Weil man freilich noch bis vor Kurzem angenommen habe, dass der Kupferton einen Farbfehler darstelle, seien die Tiere rasch aussortiert und nicht selten geschlachtet worden – bis der Farbtyp allmählich verschwand und die Kupferhalsziege auch in ihrer ursprünglichen Heimat selten wurde.
Heute weiss man, dass die Kupferfarbe genetisch verankert ist. ProSpecieRara bringt die Farbe sogar mit der in historischen Quellen erwähnten Kupferziege in Verbindung, die als eine Ur-Ahnin der Walliser Schwarzhalsziegen gilt. Gleichwohl erhielten lediglich die in der Region weitum bekannten Walliser Schwarzhalsziegen ein Zuchtbuch. Dass deren ebenfalls zweifarbiger Schwesternschlag, die Kupferhalsziege, bis heute nicht als offizielle Rasse anerkannt ist, stört Philipp Gruber indes wenig. Er sei durch die fehlende Reglementierung einer Zuchtbuchordnung autonomer. «Es ist mir dadurch nämlich möglich, auch einmal ein Tier zu behalten, das sich laut Expertenkriterien nicht zur Weiterzucht eignen würde.»
Robuste und genügsame Ziegen
Gemäss Philipp Ammann, Bereichsleiter bei der Stiftung ProSpecieRara, hat sich der Bestand nach Projektstart vor neun Jahren deutlich erholt. «Seinerzeit wussten wir von 28 Kupferhalsziegen, die schweizweit auf acht Betrieben lebten. Aktuell zählen wir in der Schweiz 450 Tiere. Ein schöner Erfolg», zeigt sich Ammann mit der zunehmenden Bestandesentwicklung zufrieden. Zahlreiche Personen hätten Gefallen an der besonderen Walliser Ziege gefunden. Dennoch bedauert er: «Leider stammen bislang nicht viele Halter aus dem Wallis.» Einer der wenigen Oberwalliser Züchter ist Gruber, der die speziellen Ziegen als robust und sehr zutraulich beschreibt. Und wirklich – auf einen kurzen Zuruf des Halters setzt sich die Herde glockenklingend in Bewegung.
«Mehr Tiere sollen es aber nicht werden», erklärt der Hobbyzüchter, der pro Tag mindestens eine Stunde bei seinen aufgeweckten Schützlingen verbringt. Stets darauf achtend, dass deren Haarpracht nicht verfilzt. Immer wieder müsse man deswegen, vor allem im Winter zum Kamm greifen. «Der Aufwand hält sich jedoch im Rahmen», so Gruber, der seine Geissen nun, da sich das Wetter bessert, auf die Alpe treiben will. Bis Mitte September geniessen die weiblichen Hornträger dort ihre neu gewonnene Freiheit. Die beiden einzelgängerischen Böcke verbringen den Sommer in tiefer gelegenen Gefilden. Deren Arbeit ist wiederum im Herbst gefragt, mit der diese, wenn nach der Paarungszeit und weiteren fünf Monaten kleine Zicklein das Licht der Welt erblicken, für einen gesunden Fortbestand innerhalb der Herde von Philipp Gruber sorgen.
pan
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