Agassizhorn | Grindelwald, Guttannen und Fieschertal unnachgiebig
«Berg der Schande» behält seinen Namen
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Ohne Wirkung. Die Künstlerin Sasha Huber taufte den umstrittenen Gipfel im Jahr 2008 symbolisch in «Rentyhorn» um.
Foto: Keystone
Das Komitee für eine Umbenennung des Agassizhorns zieht nach neun Jahren eine vorläufige Schlussbilanz. Darin zeigt man sich enttäuscht, dass die jahrelangen Bemühungen ins Leere liefen.
Das Agassizhorn auf der Walliser Kantonsgrenze zu Bern sorgt seit Jahren für Diskussionen. Seit 2007 bemüht sich das Komitee «Démonter Louis Agassiz (1807-1873)» für eine Umbenennung des auf 3'946 Meter über Meer gelegenen Gipfels beim Finsteraarhorn. Grund dafür ist die Haltung seines Namensgebers. Der in der Schweiz geborene Gletscherforscher erlangte nicht nur durch seine naturwissenschaftliche Arbeit Bekanntheit, sondern zählte auch zu den bedeutendsten Rassisten des 19. Jahrhunderts. Sein Gedankengut lässt sich etwa bei Rassenhygienikern der Nationalsozialisten und amerikanischen Ku-Klux-Klan-Rassisten nachweisen.
«Rentyhorn» als Alternative
Die Bemühungen des Komitees reichten unter anderem von einer Petition, mit der sich über 2'500 Personen und 20 Prominente für eine Umbenennung einsetzten, über eine Ausstellung bis hin zu einer Dokumentation über das Wirken des Namensgebers. Als Alternative zum bisherigen Namen brachte man seit 2007 gleich mehrere Vorschläge ins Spiel. Allen voran die Bezeichnung «Rentyhorn», benannt nach einem kongolesischen Sklaven. Ebenfalls thematisiert wurde die Bezeichnung «Kleines Finsteraarhorn» oder auf Vorschlag der Walliser Regierung auch die Bezeichnung «Perraudinhorn», nach dem Walliser Pionier der Gletschertheorie.
Zuletzt wandten sich in diesem Frühjahr schliesslich nochmals 30 Schweizer Persönlichkeiten in einem Brief an die drei zuständigen Gemeinden Grindelwald, Guttannen und Fieschertal – verfasst wurde er vom früheren Briger Kollegiumsrektor Michael Zurwerra. Das Schreiben war eine Reaktion auf die Antwort des Bundesrats hinsichtlich der Interpellation des Genfer SP-Nationalrats Carlo Sommaruga. Hieraus lässt sich ablesen, dass der Bundesrat es begrüssen würde, «wenn sich die zuständigen Gemeinden zu weiterführenden Schritten bewegen lassen». Auch dieser Bemühung war jedoch kein Erfolg beschieden. Die Gemeinden wollen weiterhin an der alten Bezeichnung für den Berggipfel festhalten.
Umbenennung unwahrscheinlich
«Wir sehen davon ab, das Denken vor 200 Jahren aus heutiger Sicht zu beurteilen und zu korrigieren», liessen die Gemeinden die Bittsteller in ihren Antworten wissen. Armin Bortis, Gemeindepräsident von Fieschertal, bestätigt den Sachverhalt auf Anfrage des «Walliser Boten». Eine Umbenennung des Agassizhorns werde nicht in Erwägung gezogen. Der Gemeinderat von Fieschertal schliesse sich den Stellungnahmen der Gemeinden Guttannen und Grindelwald vollumfänglich an. «Die Kommunikation ist seit Anfang an dieselbe. Wir haben uns mit den anderen betroffenen Gemeinden abgesprochen und immer die gleiche Antwort gegeben.» Ob das Thema damit vom Tisch sei, will man bei der Gemeinde nicht kommentieren.
Das Komitee seinerseits zieht nun einen vorläufigen Schlussstrich. «In den neun Jahren Kampagne hatten wir mit vielen ablehnenden Argumenten seitens der Gemeindebehörden zu tun, mit schlechteren und noch schlechteren.» Als Beispiel wird eine Antwort des Gemeindepräsidenten von Grindelwald aus dem Jahr 2007 erwähnt, der befürchtete, dass eine Umbenennung zu «einer allgemeinen Verunsicherung in der bekannten Namensgebung», so in Bergführer- oder Hüttenbüchern, führen würde. «Wir müssen akzeptieren, dass wohl keine Umbenennung mehr zu erwarten ist», heisst es weiter. Allerdings müssten die drei Gemeinden damit leben, dass mitten ihn ihrer von der UNESCO zertifizierten Bergwelt ein «Berg der Schande» stehe.
pmo
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Beobachter von fern - ↑0↓1
Das Bild des Wallis in der Welt speist sich aus vielen Details. Dies ist eines von vielen. Und es wirkt!
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