Bergunglück | Nach dem Unglück von Arolla
Experten kritisieren Bergtourismus
Sieben von insgesamt 14 Bergsteigern verloren am letzten Montag ihr Leben, als sie am Pigne d’Arolla von schlechtem Wetter überrascht wurden. Nur 400 Meter von der rettenden Cabane des Vignettes entfernt. Experten werfen einen kritischen Blick auf den Bergtourismus.
Ueli Mosimann (69), Leiter der Fachgruppe Sicherheit im Bergsport beim Schweizer Alpen-Club (SAC), hat die Berichte über das Unglück sehr genau verfolgt. Mosimann beobachtet, dass immer grössere Gruppen mit Bergführern auf dieser Route unterwegs sind. «Die Leute buchen ein Abenteuer in den Bergen und legen ihr Schicksal in die Hände eines Bergführers», so Mosimann. «Wenn der dann ausfällt und zusätzlich ein Sturm aufkommt, ist die Gruppe verloren», sagt er gegenüber «SonntagsBlick».
Diese Beobachtung bestätigt der Bergführer Michael Wicky (52). Für den Leiter des Bergsportveranstalters Bergpunkt.ch ist klar, dass eine Gruppe aus Sicherheitsgründen eine gewisse Grösse nicht überschreiten darf. «Bei Bergpunkt werden je nach Tour und Können maximal acht Personen einem Bergführer zugeteilt, bei Ausbildungen maximal sechs.» Wie viele Teilnehmer schliesslich mit auf die Tour gehen, komme einerseits auf die technischen Schwierigkeiten der Tour an – und auf das Können der Teilnehmer. Hinzu kommt laut Wicky, dass sich Gäste einem Bergführer völlig anvertrauen. Viele können sich in einer Notsituation nicht selbst helfen. Viele Berggänger seien heute nicht mehr darauf vorbereitet, am Berg biwakieren zu müssen.
Hat Bergführer fahrlässig gehandelt?
Der Präsident des Schweizer Bergführerverbandes (SBV), Marco Mehli, hingegen glaubt nicht, dass sich das Ereignis mit Vorschriften bezüglich Gruppengrösse oder Ausrüstung hätte verhindern lassen können. Für SBV-Geschäftsführer Pierre Mathey war das meteorologische Phänomen der Föhnwand massgebend für das Drama. Wenn man darin gefangen sei, sei es wie beim Schwimmen in stürmischem und trübem Wasser.
Ein Überlebender sagte der «NZZ am Sonntag», der Bergführer der 9er-Gruppe sei ab dem Zeitpunkt, als das Wetter umgeschlagen habe, komplett verloren gewesen. Er habe kein GPS-Gerät dabeigehabt, sein Satellitentelefon habe nicht funktioniert und in der nahen Berghütte sei nicht reserviert gewesen, so der Italiener Tommaso Piccoli. Die Walliser Staatsanwaltschaft ermittelt, ob der verstorbene Gruppenführer möglicherweise seine Sorgfaltspflicht verletzt hat, und ob es fahrlässig war, neun Personen auf die schwierige Route mitzunehmen.
map/sda
Artikel
Kommentare
Gianni Mazzone, Zermatt - ↑28↓4
Die Walliser Houte Route ist keine 08/15 Skitour, wie übrigens auch alle anderen mehrtägig dauernden Skitouren. Eine ganz Woche unterwegs über Gletscher und Gipfel erfordert eine gezielte Vorbereitung in vielen Punkten.
Achter Gruppen sind zu gross, 6er Gruppen ideal. Meine persönliche Erfahrung, Gruppengrössen mehr als 6 Pers. organisiert von privaten Bergsteigerschulen sind zu gross.
Ob der verunglückte Bergführer die Sorgfaltspflicht verletzt hat oder fahrlässig gehandelt hat, muss zuerst ermittelt werden.
Klar ist, die Walliser Houte Route ist nach wie vor einer der schönsten Skitouren in den Alpen geführt von Bergführern.
Gianni Mazzone (Bergführer aus Zermatt).
antworten