Bildung | Walliser Eltern zeigten sich übers Wochenende flexibel und organisierten die Betreuung weitgehend eigenständig
Leere Schulen, tote Pausenplätze
Oberwallis | Für viele berufstätige Eltern ist es ein organisatorischer Albtraum. Der Unterricht fällt aus; gleichzeitig dürfen die meisten Kinder weder in der Schule noch von den Grosseltern betreut werden. Gestern, am Tag eins nach den Schulferien, zeigte sich: Die Weisung wurde anstandslos befolgt.
Angespannt waren gestern wohl alle: Lehrpersonen, Schuldirektionen, die Beamten im Bildungsdepartement. Ist die Nachricht von der Schulschliessung übers Wochenende auch wirklich bis zu allen Eltern durchgedrungen? Und konnten sich diese organisieren? Oder würden sich am Montagmorgen auf den Pausenplätzen Dutzende Schüler die Beine in den Bauch stehen, abgeliefert von Eltern, die ihre Anwesenheit am Arbeitsplatz als unabdingbar erachten?
«Krise ohne Vorlauf»
Fragen, die zunächst auch die Dienststelle für Unterrichtswesen noch nicht beantworten konnte. «Wir befinden uns in einer Krisensituation ohne Vorlauf», so Adjunktin Tanja Fux gestern Vormittag. Man stehe in engem Kontakt mit den Schuldirektionen, wisse aber noch nicht, wie viele Kinder sich letztendlich tatsächlich in den Schulen betreuen lassen werden.
Zur Erklärung: Angehörige gewisser Berufsgruppen können ihren Nachwuchs nach wie vor in der Schule betreuen lassen. Dies gilt allerdings nur, wenn beide Elternteile in einer der folgenden Branchen arbeiten: Personal des Gesundheitswesens, Sicherheitspersonal, Mitarbeiter, die «für wesentliche Aufgaben der Regierung» zuständig sind, Mitarbeiter von «spezialisierten Instituten und sonderpädagogischen Einrichtungen», Angestellte, die in Kollektivunterkünften im Asylbereich arbeiten, sowie natürlich das für den Empfangsdienst in den Schulen und Kitas zuständige Personal.
Für alle anderen Eltern galt es, die Betreuung für den Nachwuchs übers Wochenende auf eigene Faust sicherzustellen. Ausnahmen sind einzig bei Härtefällen möglich, wobei die Eltern in diesem Fall klar nachweisen müssen, weshalb sie an ihrem Arbeitsplatz tatsächlich unabkömmlich sind. Verständlich, würden die Schulen andernfalls voraussichtlich rasch wieder recht gut bevölkert sein – was man ja genau verhindern will.
Keine Probleme am «Tag eins»
Im Verlaufe des gestrigen Nachmittags zeigte sich dann, dass die Befürchtungen ungerechtfertigt waren. «Wir hatten am Tag eins im Bereich der Betreuung keine Probleme. Alles hat funktioniert», zeigte sich Fux erleichtert. «Verschwindend klein» sei kantonsweit die Zahl der Kinder gewesen, die gestern in den Schulen betreut wurden. Zudem sind die Präventionsmassnahmen im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestern bekanntlich nochmals verschärft worden. Zumindest was die Betreuung der Kinder betrifft, dürfte dies eine gute Nachricht sein: Wenn weniger Leute arbeiten gehen, vergrössern sich dadurch die Möglichkeiten, Kinder und Jugendliche zu betreuen, so die logische Schlussfolgerung.
Allerdings weiss auch Fux: «Wir befinden uns in einer ausserordentlichen Lage und werden die Betreuungssituation fortlaufend analysieren müssen. Was funktioniert, was ist wo noch nötig?», legt sie dar.
Insgesamt nur zehn Schüler in Brig-Glis, Naters und Visp
Von einem Lernprozess spricht auch Mario Schaller vom Brig-Gliser Führungsstab. Priorität habe dabei der bestmögliche Schutz der Bevölkerung – auch wenn dies im Einzelfall zu schwierigen Situationen führen könne. Allerdings sei von den infrage kommenden Eltern in den obligatorischen Schulen von Brig-Glis (Kindergarten, Primarschule, Orientierungsschule) für gestern kein Bedarf nach Betreuung angemeldet worden, und auch sonst seien am Morgen keine Kinder vor den Schultoren gestrandet. Schaller führt dies insbesondere auch auf die Arbeit der Lehrerschaft zurück, die sich übers Wochenende mit sämtlichen Eltern in Verbindung gesetzt und diese mit den neuen Weisungen bekannt gemacht hätte. Für die nächsten Tage ist nun geplant, dass die Schüler gestaffelt ihr persönliches Material aus den Klassenzimmern holen sollen.
Ähnlich wie in Brig-Glis tönt es derweil auch in den anderen grossen Talgemeinden: Während in Visp gestern ebenfalls keine Schüler betreut werden mussten, waren es in Naters zehn (von rund 900).
Auch in den Kitas bliebs ruhig
Vergleichbar präsentierte sich die Situation auch bei den Kindertagesstätten. Betreut die Kita Ringelreija in Brig-Glis an einem normalen Montag 164 Kinder, standen gestern gerade einmal neun Kinder vor dem Zeughaus. Alle haben sie Eltern, die im Gesundheits- oder im Sicherheitssektor angestellt sind. Für heute Dienstag sind zehn Kinder angemeldet, für morgen Mittwoch nur zwei.
Sieben (statt an die hundert) Kinder betreute gestern die Kita Spillchischta in Visp. Auch hier hat man – wie in Brig-Glis – die Eltern übers Wochenende über das neue Regime informiert. Überhaupt keine Kinder empfing derweil die Natischer Kita Mogli am gestrigen Vormittag. Von den infrage kommenden Eltern habe niemand Bedarf angemeldet; lediglich den Mittagstisch habe man auf Nachfrage organisiert.
Fabio Pacozzi
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