Alpinismus | SAC will aufarbeiten statt löschen
Glaziologe und Rassist Agassiz bleibt ehemaliges Ehrenmitglied
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Das Agassizhorn (Bildmitte), dahinter das Finsteraarhorn.
Foto: Keystone
Das Komitee «Démonter Louis Agassiz» ist anfangs August mit der Forderung an den SAC-Zentralvorstand gelangt, dem Glaziologen Louis Agassiz die SAC-Ehrenmitgliedschaft abzusprechen. Dies, weil Agassiz nicht nur Wissenschaftler, sondern aus heutiger Sicht auch Rassist war. Der SAC-Zentralvorstand lehnt die Forderung ab.
Jean Louis Rodolphe Agassiz (1807-1873) war Glaziologe. In der damaligen Zeit galt er als Mitbegründer und wichtiger Vertreter der Eiszeittheorie. Der SAC verlieh ihm 1865 die Ehrenmitgliedschaft für seine wissenschaftlichen bedeutenden Arbeiten. In der heutigen Zeit käme eine Ehrenmitgliedschaft nicht in Frage, heisst es in einer Mitteilung an die Medien. Anders als beim damaligen vorherrschenden Zeitgeist, trenne der SAC heute wissenschaftliche Erfolge nicht von rassistischen Haltungen.
Die Ehrenmitgliedschaft sei jedoch ein persönliches Recht, das beim Tod erlösche. Dasselbe gelte auch für eine Vereinszugehörigkeit. Das bedeute, dass mit dem Tod einer Person die Vereinsmitgliedschaft wie auch die Ehrenmitgliedschaft erlösche. «Somit ist Jean Louis Rodolphe Agassiz seit über 140 Jahren kein Ehrenmitglied des SAC mehr. Folglich kann der SAC Jean Louis Rodolphe Agassiz nicht absprechen, was nicht mehr existiert», argumentiert der Schweizer Alpen Club weiter.
Zu ehemaligen Entscheiden stehen
Jean Louis Rodolphe Agassiz aus der Liste der ehemaligen SAC-Ehrenmitglieder zu streichen, erachtet der SAC-Zentralvorstand als falsch. Erstens würde dies eine Fälschung der Geschichte darstellen. Der SAC müsse zu seinen ehemaligen Entscheiden stehen, auch wenn sie aus heutiger Sicht falsch seien. Zweitens würde durch die Auslöschung seines Namens die Gefahr bestehen, dass Agassiz als Person vergessen gehe, und damit sein – damals in vielen Kreisen übliches - radikales Gedankengut. Der SAC findet den Diskurs über Rassismus aber äusserst wichtig und will ihn am Leben erhalten. Drittens findet es der SAC darum viel wert- und sinnvoller, die Geschichte Agassiz‘ aufzuarbeiten, anstatt sie auszulöschen.
So hat sich der SAC neben der wissenschaftlichen auch eingehend mit der rassistischen Seite Agassiz‘ befasst. In der Ausgabe der «Alpen» von September 2016 etwa sind dazu zwei Artikel erschienen: «Was tun mit einem unliebsamen Ehrenmitglied?» und «Mit Wissenschaft Rassen trennen – Louis Agassiz, Glaziologe und Rassist».
Das Agassizhorn auf der Walliser Kantonsgrenze zu Bern sorgt seit Jahren für Diskussionen. Seit 2007 bemüht sich das Komitee «Démonter Louis Agassiz (1807-1873)» für eine Umbenennung des auf 3946 Meter über Meer gelegenen Gipfels beim Finsteraarhorn.
pd/map
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