Justiz | Bezirksgericht Brig anerkennt Handy-Videos nur teils als Beweis gegen einen Raser
Richter lassen Milde walten
![Temporausch. Vor dem Bezirksgericht Brig musste sich ein Mann wegen Raserdelikten verantworten.](/site/assets/files/0/76/01/39/911/11_vs_6_4c_032.650x0n.jpg)
Temporausch. Vor dem Bezirksgericht Brig musste sich ein Mann wegen Raserdelikten verantworten.
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Das Bezirksgericht Brig schickt einen Mann, der in der 50er-Zone mit 120 km/h unterwegs war, nicht ins Gefängnis. Er erhält eine bedingte Gefängnisstrafe und eine kleine Busse.
Im April 2015 fügte der Angeklagte, ein Mazedonier, der seit bald 25 Jahren in der Schweiz lebt, bei einer nächtlichen Rauferei mit vier beteiligten Personen mit einem in der Schweiz verbotenen Messer einem seiner Kontrahenten eine blutige Schnittwunde am Arm zu. Dies, nachdem seine schwangere Frau und seine Kinder von einem der Beteiligten aufs Übelste beschimpft worden waren. Nach einer Einvernahme durch die herbeigerufene Polizei kontrollierte diese auch sein Handy. Sie erhoffte sich, dass der Angeklagte die Schlägerei gefilmt hatte, um so Aufschluss über den Tathergang zu erhalten.
Statt des erhofften Schlägerei-Videos entdeckten die Polizisten aber mehrere Videos, die belegten, wie der Mann offenbar mehrmals gegen die Strassenverkehrsgesetze verstiess. Der Mann raste etwa innerorts von Brig mit 120 km/h in der 50er-Zone, danach bretterte er mit 210 km/h die Simplonpassstrasse hoch – und liess sich dabei filmen. Ein Kind fuhr laut einem Video ungesichert und stehend auf dem Beifahrersitz mit. Der Verteidiger forderte einen Freispruch, wollte auch die Videos nicht als Beweis zulassen. Der Staatsanwalt forderte 20 Monate Gefängnis für den 37-Jährigen (WB vom 11. November 2017).
Videos gelten nur teils als Beweis
Das Gericht hat nun die Videos teils (wie bereits das Kantonsgericht) als Beweismittel zugelassen. Obwohl die Verteidigung dies wegen eines Verfahrensfehlers als rechtswidrig ansah. Es gab trotzdem einen Freispruch von der Anklage gegen Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz (SVG) beim Video mit dem Kind. Es war laut dem Gericht nicht gänzlich erwiesen, ob der Angeklagte am Steuer sass und ob das Video in der Schweiz entstand oder in Mazedonien mit dem Onkel des Kindes am Steuer, wie der Angeklagte behauptete. Das Gericht folgte hier der Verteidigung.
Einen Freispruch gabs auch für den Vorwurf, dass er in der 50er-Zone in Brig mit 120 km/h unterwegs war. Es war laut den Richtern aufgrund des Videos nicht gänzlich erwiesen, ob er sich wirklich in der 50er-Zone befand. Das Gericht folgte auch hier der Verteidigung und liess also Milde gegen den Familienvater walten. Er und sein Verteidiger hatten betont, dass bei einer Verurteilung die Familie wohl in finanzielle Nöte geraten wäre.
Busse von 220 Franken
Der Mann wurde aber der mehrfachen qualifiziert groben Verletzung von Verkehrsregeln, der mehrfachen groben Verletzung von Verkehrsregeln und der mehrfachen einfachen Verletzung von Verkehrsregeln sowie der qualifizierten einfachen Körperverletzung und der Widerhandlung gegen das Waffengesetz für schuldig erkannt.
Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten–wobei ihm der bedingte Strafvollzug gewährt wird, unter Einräumung einer Probezeit von vier Jahren–sowie zu einer (unbedingten) Busse von 220 Franken verurteilt. Für den Fall der schuldhaften Nichtbezahlung wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen festgesetzt. Das beschlagnahmte Messer wird eingezogen und vernichtet.
Die Verfahrenskosten von insgesamt 4000 Franken, bestehend aus den Verfahrenskosten der Staatsanwaltschaft von 3000 Franken sowie der Gerichtsgebühr des Bezirksgerichts von 1000 Franken, muss der Verurteilte übernehmen. Der Staat Wallis bezahlt ihm aufgrund der Freisprüche eine Entschädigung von 500 Franken. Gegen dieses Urteil kann innert zehn Tagen beim Bezirksgericht in Brig schriftlich die Berufung angemeldet werden.
hbi
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