Amokfahrt | Hilfe für die Opfer steht im Vordergrund
Todesfahrer von Münster handelte in Suizidabsicht
Im Fall der Todesfahrt von Münster zeigen sich die Ermittler überzeugt davon, dass der Täter in Suizidabsicht handelte. "Nach der bisherigen Analyse und Auswertung der vorliegenden Dokumente, Spuren und Aussagen sind die Ermittlungsbehörden sicher, dass der 48-Jährige in Suizidabsicht handelte", erklärte Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt am Montagabend zu den bisherigen Ergebnissen.
Bei der Durchsuchung der Wohnung des ledigen und kinderlosen Mannes sei unter anderem ein über einen Balken gelegtes Hanfseil mit Henkersknoten gefunden worden. Dieses Seil sei ein "eindeutiger Hinweis". Für die Suizidabsicht spreche auch die Tatsache, dass sich der Mann unmittelbar nach dem Stillstand des Fahrzeugs erschossen hat. Im Magazin der im ehemaligen Jugoslawien hergestellten Pistole hätten sich noch weitere Patronen befunden.
"Offensichtlich wollte sich der Täter nach der Todesfahrt direkt selber richten", erklärte der Leiter der Ermittlungskommission, Kriminalhauptkommissar Joachim Poll, in einer gemeinsamen Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft. "Bei einer Gesamtschau der Indizien sind wir uns sicher, der Täter handelte in Suizidabsicht."
Psychisch labil
Diese eindeutige Suizidabsicht habe der Mann entgegen anderslautender Berichte im Zeitraum vor der Tat weder dargelegt noch gegenüber Dritten geäussert. "Die mehrfach wahllos an Dritte übersandten Nachrichten enthalten keine ausdrückliche Ankündigung einer Selbsttötung. Sie sind jedoch Ausdruck einer zumindest temporären, psychischen Labilität", heisst es in der Mitteilung weiter.
Der 48-Jährige hatte am Samstag seinen Campingbus in eine Menschenmenge gesteuert und zwei Menschen mit in den Tod gerissen, bevor er sich erschoss. Acht der insgesamt 25 Verletzten werden im Uniklinikum Münster behandelt. Bei drei Patienten sei die Situation noch lebensbedrohlich, teilte der stellvertretende Ärztliche Direktor Michael Raschke am Montag mit.
Ermittlungen brauchen Zeit
"Die Ermittlungen sind erst am Anfang", sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul am Montag. Er bat die Öffentlichkeit um Geduld. "Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch auf gründliche Informationen, es gibt aber auch einen Anspruch auf gründliche Ermittlungen", betonte der Minister. "Wir können nicht jeden Tag etwas Neues verkünden."
Die Ermittlungen würden voraussichtlich viel Zeit brauchen. "Es bleibt mühsam", sagte Reul. Unklar sei unter anderem, woher die Pistole stamme, mit der der Mann sich nach seiner Amokfahrt erschossen habe. "Es sieht ganz so aus ..., dass es sich um einen psychisch gestörten, labilen Täter handelt, der offensichtlich schon länger darüber nachgedacht hat, sich jetzt auch das Leben zu nehmen", sagte Reul.
"Nicht alle Städte zupollern"
"Poller können helfen", sagte Reul zur Gefahrenabwehr. "Wir können aber nicht alle Städte zupollern, wir brauchen auch Rettungswege." Es gebe viele verschiedene Varianten von Schutzvorkehrungen, über die die Kommunen allein zu entscheiden hätten. Zur Wahrheit gehöre, dass Täter auch die teuersten Absperrungen etwa mit einem Messer oder einer Bombe in der Tasche umgehen könnten.
Die Regeln zum Umgang der Behörden mit Suizidgefährdeten halte er für ausreichend, sagte der Minister. Die Polizei hatte in der Vergangenheit bereits erfolglos versucht, den späteren Amokfahrer von Münster in seiner Wohnung aufzusuchen, weil es Hinweise auf die Gefahr einer Selbsttötung gegeben hatte.
Neben der Aufklärung der Tat stehe nun die Hilfe für die Opfer im Vordergrund, unterstrich der Innenminister. Dies betreffe auch die Menschen, die am Samstag auf der Kiepenkerl-Terrasse gesessen hätten und nicht körperlich verletzt worden seien.
"Stellen Sie sich vor, Sie sitzen am Tisch und nebenan rauscht ein Wagen heran. Auch um diese Menschen muss sich jemand kümmern. Das packt man nicht einfach weg." Notfallseelsorger seien am Wochenende in grosser Zahl im Einsatz gewesen.
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