Politik | Wirtschaftsminister Christophe Darbellay will die Wirtschaft nicht im Stich lassen
«Wenn nicht jetzt geholfen wird, wann dann?»
Der Bundesrat hat den Notstand bis zum 19. April ausgerufen, der Kanton Wallis hat keine Frist gesetzt. Wie lange denken Sie, dass diese Situation aufrechterhalten bleiben muss?
«Ich bin kein Hellseher. Wir müssen mit einer längeren Periode rechnen. Das Wesentliche in dieser Situation sind die Eigenverantwortung, die Solidarität und die Kreativität. Wir müssen in dieser schwierigen Phase Ruhe bewahren und die Sicherheitsmassnahmen strikt umsetzen zum Schutz der verwundbaren Personen und des Gesundheitswesens.»
Sämtliche Geschäfte, Läden und Restaurants stehen auf einen Schlag ohne jegliche Einkünfte da. Mieten und Pachten sowie die Löhne der Angestellten müssen weiter bezahlt werden. Auch kerngesunde Unternehmen können das nicht lange aushalten, bevor sie in Konkurs gehen. Das Mittel der Kurzarbeit kann beantragt werden. Werden die Anträge unbürokratisch gehandhabt?
«Es wird alles darangesetzt, die zahlreichen Anträge so unbürokratisch wie möglich zu bearbeiten, um den Unternehmen die Schritte zu erleichtern und die Entscheide so rasch wie möglich zu kommunizieren und zu fällen. Die Sistierung der Betreibungsfristen wird geprüft. Das grösste Problem ist die Liquidität. Überbrückungskredite via Bürgschaften von Bankkrediten zu vorteilhaften Konditionen mit einem Zinssatz von einem Prozent wurden mit den wichtigsten Banken des Kantons ausgehandelt. Die Mittel stehen zur Verfügung. Banken funktionieren als Eingangstür. Für Mieter haben wir keine Lösung. Wir fordern die Eigentümer auf, Konditionen oder Reduktionen zu gewähren. Alle müssen sich bemühen. Solidarität gehört zur Krisenbewältigung. Zum Schluss werden wir annullierte Anlässe finanziell unterstützen und die Amortisation von staatlichen Darlehen bei Hotels und Bergbahnen entweder für ein Jahr aufschieben oder übernehmen.»
Bis wann dürfen die Antragsteller für Kurzarbeit mit einem Entscheid der Behörden rechnen?
«Die Dienststelle für Industrie, Handel und Arbeit unternimmt alles, um sich an diese neue und unerwartete Situation anzupassen, damit die Entscheide so schnell wie möglich mitgeteilt werden können. Bis Ende Woche werden an die hundert Entscheide kommuniziert. Wir hatten am Freitagabend 103 Gesuche, vorgestern hatten wir schon 450. Und heute werden es sehr viel mehr sein. Wir arbeiten jetzt mit Tempo, machen Überstunden und arbeiten am Wochenende. Wir sind sehr gespannt auf die Beschlüsse des Bundesrats für die befristeten Arbeitsverträge und die Selbstständigerwerbenden. Eine Antwort hat der Bundesrat für diesen Freitag versprochen.»
Die Kurzarbeitsentschädigung deckt nur 80 Prozent der Löhne. Der Hotelierverband fordert, dass die Deckung 100 Prozent beträgt, und zwar ohne jegliche Karenzfrist schon ab dem 1. Tag. Bezahlt werden sollen auch die Löhne der Geschäftsführer und deren Ehegatten. Unterstützt der Staatsrat diese Forderung?
«Direkt nach meinem ersten Treffen mit den Vertretern der Dachverbände der Tourismusbranche seit Beginn der Krise habe ich am 4. März 2020 ein Schreiben an Bundesrat Guy Parmelin geschickt, in dem ich unter anderem genau die von Ihnen erwähnten Erleichterungsgesuche stellte.»
Der Bund hat acht Milliarden Franken für diese Massnahme gesprochen. Dieser Betrag erscheint als ein Tropfen auf den heissen Stein. Was unternimmt der Walliser Staatsrat, um beim Bund vorstellig zu werden?
«Der Staatsrat ist im engen Kontakt mit den anderen Kantonen und wird versuchen, diesen Betrag vom Bund noch erhöhen zu lassen. Mit der Ausbreitung des Problems werden diese Beträge nicht ausreichen. Im Vergleich zu anderen Ländern, nehmen Sie zum Beispiel Schweden, ist der Bund zu sparsam. Kurzarbeit ist die zentralste Massnahme für die Wirtschaft, so wie bereits im Jahr 2008. Wichtig für uns wäre Kurzarbeit für befristete Arbeitsverträge, wie diese üblich sind bei Bergbahnen, Hotellerie, Kultur, Sport und für Selbstständigerwerbende.»
Kann der Kanton von sich aus Mittel verwenden, um den Unternehmen unter die Arme zu greifen? Wenn ja, welche?
«Ja, das ist durchaus möglich und wir besprechen das Vorgehen mit dem Chef der Finanzverwaltung und dem Finanzminister, Staatsratspräsident Roberto Schmidt. Der Kanton muss ein starkes Zeichen setzen. Wir haben gerade von der Nationalbank 80 Millionen mehr als im Budget vorgesehen gekriegt. Mittel gibt es. Wenn nicht jetzt geholfen wird, wann dann?»
Die Menschen erwarten in diesen ungewissen Zeiten eine starke Führung. Was unternimmt die Regierung?
«Alle Departemente arbeiten intensiv und koordiniert zusammen. Wir werden diese Krise gemeinsam überwinden. Wir sind für die Walliserinnen und Walliser da. Ich bedanke mich hier bei allen Personen in der Verwaltung, in den Schulen, in den Spitälern, bei der Polizei, in den Gemeinden, im Militär, in der Wirtschaft, die sich in dieser ausserordentlichen Situation enorm anstrengen. Wir setzen alles daran, damit ältere Personen und Kranke geschützt sind, und lassen die Wirtschaft nicht im Stich. Die Pandemie ist eine Herausforderung für unsere Gesundheit und hat schwere Folgen für die Wirtschaft.»
Viele sind verunsichert, manche haben Angst. Welche Botschaft wollen Sie den Walliserinnen und Wallisern mitteilen?
«Wir erleben eine einmalige und historische Situation. Wir haben die Kraft, den Durchhaltewillen und die finanziellen Mittel, um die Krise zu überwinden. Jeder von uns ist gefordert. Jeder von uns hat eine Verantwortung, sich zu schützen, um Menschen zu schützen. Es wird hart, aber wir werden uns stärken und daraus lernen. Sonst denke ich vor allem an alle Personen, die sich allein fühlen und zu Hause bleiben müssen. Ich wünsche ihnen viel Kraft und Mut. Die Sonne kommt bestimmt nach dem Sturm.»
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