Interview | Damian Schaller, Bodybuilding Schweizer Meister
«Man muss mit sich immer etwas unzufrieden sein»
Damian Schaller (29) ist frischgebackener Schweizer Meister im «Natural Bodybuilding». Im Interview spricht er über seinen Erfolg, sein Training, Dopingkontrollen und welche Rolle sein Trainer und seine Partnerin bei seiner Leidenschaft spielen.
Damian Schaller, wie es sich gehört, treffen wir uns für dieses Interview im Fitnessstudio. Nur für den Fototermin oder haben Sie noch vor zu trainieren?
Ich werde heute noch rund zwei Stunden trainieren. Schliesslich habe ich ja noch etwas vor. (lacht)
Genau, die Weltmeisterschaft in New York steht vor der Tür. Das Ticket dafür haben Sie mit Ihrem Sieg bei den Schweizer Meisterschaften im «Natural Bodybuilding und Fitness» vor anderthalb Wochen in Unterägeri ZG gelöst. Lassen Sie unsdarüber sprechen. Wie kam es zu diesem Coup?
Mein Umfeld hat mir schon länger immer wieder gesagt, dass ich doch einmal an einer Meisterschaft teilnehmen sollte. Schlussendlich war es dann aber doch ein ziemlich spontaner Entscheid, mich anzumelden. Ich wollte einfach einmal sehen, wie es an solch einer Meisterschaft zu- und hergeht.
Und wie war es? So wie Sie sich es vorgestellt hatten?
Für mich war es natürlich eine Art Wundertüte, alles war neu, ich hatte ja überhaupt keine
Erfahrung. Entsprechend überwältigt war ich von den ganzen neuen Eindrücken und so weiter. Aber ich hatte ein gutes Gefühl, habe mich auch recht wohlgefühlt. Es war der Hammer, das alles einmal zu sehen.
Und was hat Ihnen am besten gefallen?
Dass ich gewonnen habe, selbstverständlich. (lacht)
Das ist anzunehmen. Bei Ihrer ersten Teilnahme haben Sie gleich die gesamte Konkurrenz hinter sich gelassen. Sie wurden zum Schweizer Meister in der Kategorie Physik I/II gekürt, erhielten zudem die Auszeichnung als bester Athlet. Wie haben Sie den Moment des Erfolgs erlebt?
Zunächst konnte ich es kaum glauben, ich war ja als absoluter Newcomer angetreten. Ich hatte gehofft, mich im ersten Teil des Feldes zu platzieren, dass es dann aber zum Titel gereicht hat, war eine gewaltige Überraschung für mich. Auch wenn mein Coach, Patrick Hunziker, da deutlich zuversichtlicher war.
Wie ging es weiter, nachdem Sie als Champion ausgerufen wurden?
Ich wurde natürlich von meinen mitgereisten Leuten sofort beglückwünscht. Und dann kamen die SMS. So oft wie in den folgenden Stunden und Tagen habe ich wohl noch nie «Danke» zurückgeschrieben.
Den Titel haben Sie bei den Schweizer Meisterschaften der SNBF, der Swiss Natural Bodybuilding and Fitness Federation, errungen. Die Organisation steht für dopingfreien Bodybuilding-Sport. Wurden Sie nach Ihrem Erfolg auf leistungssteigernde Substanzen getestet?
Ja. Direkt nach meinem Sieg stand ein Kontrolleur neben mir, der mich nicht mehr aus den Augen gelassen hat, bis ich eine Urinprobe abgegeben hatte. Zudem wurde mein ganzer Körper auf Einstichstellen von Spritzen untersucht. Die SNBF nimmt es mit einem sauberen Bodybuilding-Sport sehr ernst. Das schätze ich sehr. Man weiss, dass ein Erfolg vor der SNBF nicht erschwindelt wurde; was man zu sehen bekommt, ist allein das Resultat von hartem Training, Disziplin und konsequenter Ernährung. Das ist mir absolut wichtig. Bei der Weltmeisterschaft geht das Ganze dann noch eine Stufe weiter. Damit ich in New York starten kann, musste ich mich noch einem Lügendetektortest unterziehen, um zu zeigen, dass ich «sauber» bin.
Rückblickend, was würden Sie sagen, was war das Mittel zum Erfolg?
Sicher einmal viel Training und Disziplin. Aber genauso wichtig waren meine Coaches und meine Partnerin, die mich voll unterstützt haben.
Was macht einen guten Bodybuilding-Coach aus?
Als Erstes muss er einen motivieren können. In der Vorbereitung gab es Phasen, in denen meine Laune im Keller war. Patrick Hunziker und Christoph Oberholzer haben mich dann wieder aufgebaut. Dann haben sie einen effizienten Ernährungsplan für mich ausgearbeitet, mich bei den Trainingseinheiten unterstützt und intensiv mit mir an meinen Fähigkeiten im Posieren gearbeitet.
Erzählen Sie.
Gerade in der Kategorie «Physik» ist das Posieren von enormer Bedeutung. Man muss nicht nur eine gute Endpose einnehmen, auch die Übergänge dazwischen müssen stimmen. Es ist fast wie Tanzen. Ein guter Körper reicht bei Weitem nicht, um zu gewinnen. Allerdings hatte ich kaum Erfahrung im Posieren und fühlte mich dabei anfänglich auch recht unwohl. Ich bin ein eher schüchterner Mensch, den Mittelpunkt suche ich eigentlich nicht.
Darum haben Patrick Hunziker und ich viel Zeit für das Üben der Posen verwendet. Am Anfang stand ich fast wie ein «Holzpflock» in der Gegend herum. Doch mit der Zeit ging es immer besser und besser.
Den Körper braucht es aber auch. Wie haben Sie in den letzten Monaten trainiert?
Sieben Tage die Woche, bis zu vier Stunden täglich inklusive «Posing». Es war eine sehr intensive Zeit und ist es noch. Ich habe sehr viel Zeit hier im «ChrisTOP-Park» verbracht.
Stichwort Ernährung, wie sah Ihr Speiseplan in letzter Zeit aus?
Es gibt zwei Phasen. Die des Aufbaus und die der Diät vor dem Wettkampf. Während des Aufbaus habe ich sieben Mahlzeiten am Tag zu mir genommen, insgesamt etwa 6000 Kilokalorien gegessen. Dabei gab es hauptsächlich Hühnchen, Reis und Teigwaren. Aber es ist so: Auch wenn man viel essen muss, die Sachen, die Spass machen, zum Beispiel Pizza, sind in der Regel tabu. Vor rund drei Monaten haben wir dann mit der Diät begonnen. Dafür haben wir die tägliche Kalorienzahl kontinuierlich auf 2000 bis 2500 heruntergeschraubt.
Sie sind 1,93 Meter gross, wiegen 86 Kilogramm. Haben Sie nicht ständig Hunger?
Doch schon. Und in dieser Phase sind «ungesunde» Dinge wirklich absolut tabu. Da kann es schon einmal vorkommen, dass man mit einem neidischen Blick auf die Pizza der Leute am Nachbartisch schaut. Um den Hunger zu bekämpfen, esse ich dann einfach Unmengen an Blumenkohl und Brokkoli. So geht es. Aber auch hier bin ich sehr froh um die Hilfe von meinem Coach. Ernährung ist nicht so mein Ding und ohne Patrick Hunzikers Hilfe hätte ich deutlich mehr Mühe gehabt, mein Ziel zu erreichen.
Wie sind Sie eigentlich zum Bodybuilding gekommen?
Vor sechs Jahren habe ich mich mehr oder weniger aus Jux im Fitnesscenter angemeldet. Ich wollte etwas für meine Fitness tun. Dann wurde es immer mehr, mehr Trainingseinheiten, mehr Gewichte.
Sind Sie süchtig nach mehr Muskeln?
In gewisser Weise schon. Man muss mit dem eigenen Körper immer etwas unzufrieden sein, um so intensiv trainieren zu können. Ich glaube, dass ich den Punkt, an dem ich zufrieden mit meinem Körper bin, wohl kaum erreichen werde. Kommt hinzu: Wenn ich nicht trainieren kann, werde ich nervös.
Neben Ihrem Job sind Sie praktisch immer im Fitness. Was sagt eigentlich Ihre Partnerin dazu, dass Sie kaum je zu Hause sind?
In der Tat habe ich sie in letzter Zeit vernachlässigt. Aber sie sagt, dass sie damit klarkommt, weil sie weiss, dass diese Phasen zeitlich begrenzt sind. Zudem begleitet sie mich manchmal ins Training. Generell muss ich sagen, dass sie mich wahnsinnig toll unterstützt. Sie kümmert sich um die Einkäufe, hilft mir bei den administrativen Angelegenheiten und so weiter. Sie ist unglaublich verständnisvoll und geduldig. Unbezahlbar. Gleiches gilt übrigens auch für meinen Arbeitgeber Garage Saltina. Auch ohne ein Entgegenkommen seinerseits wäre es nicht möglich, meinen Sport auf diesem Level auszuüben.
In anderthalb Wochen reisen Sie zur Weltmeisterschaft in New York. Haben Sie sich ein Ziel gesetzt?
Nein, ich werde einfach schauen, was passiert, so wie bei den Schweizer Meisterschaften auch. Und wer weiss, vielleicht gibt es den nächsten Coup! (lacht) Nein, im Ernst: Ich habe mir kein Ziel gesetzt. Auch wenn mein Coach, was mögliche Resultate betrifft, schon wieder äusserst optimistisch ist.
Martin Meul
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