Frontal | Roman Pfammatter, Programmchef Open Air Gampel
«Mein Herz schlägt für das Gampjer Festival»
Roman Pfammatter (47) ist Programmchef des Open Air Gampel. Im Frontalinterview nimmt er Stellung zum Musikprogramm und spricht über das spezielle Festivalambiente in Gampel.
Roman Pfammatter, freuen Sie sich auf das diesjährige Open Air?
Selbstverständlich. In den letzten Tagen vor dem Festival herrscht eine extreme Anspannung, die sich auch körperlich bemerkbar macht. Früher war diese Anspannung schon drei Monate vor dem Festival spürbar, heute macht sich diese Anspannung drei Wochen vorher bemerkbar. Für mich ist aber nicht nur das eigentliche Festival spannend. Ich bin sozusagen das ganze Jahr über damit beschäftigt. Wir haben jetzt schon Band-Offerten für 2019 gemacht. Der Sonntagabend nach dem Festival ist mein Silvester. Danach geht die Vorbereitung für das kommende Festival wieder los.
Können Sie das Festival trotz der Anspannung ein bisschen geniessen?
Natürlich. Ich geniesse das Festival und bin stolz darauf, dass ich ein Teil davon bin. Allein wenn ich davon erzähle, kriege ich Gänsehaut. Natürlich muss ich während den vier Festivaltagen den Kopf bei der Sache haben. Ich bin während dieser Zeit auch nicht in der Partywelt, sondern auf meine Arbeit fixiert. Trotzdem kann ich den Moment geniessen.
Mit anderen Worten, Ihre Arbeit während des Festivals konzentriert sich auf die Betreuung der Bands?
Ich habe die Verantwortung über die ganze Produktion. Das heisst, ich bin verantwortlich für die Technik, die Transporte und auch für die Abrechnung. Für die einzelnen Bereiche habe ich verschiedene Leute zur Verfügung. Mein Ziel ist es, dass meine Arbeit vor Beginn des Festivals gemacht ist. Wenn nichts dazwischenkommt und alles reibungslos funktioniert, dann habe ich am Festival wenig Stress. Aber wenn etwas passiert, braucht es Zeit und Nerven, um die Probleme anzugehen und zu lösen.
So wie beispielsweise bei der kurzfristigen Konzertabsage der Toten Hosen 2015?
Genau. Das war so eine Extremsituation. In solchen Momenten muss man funktionieren und nach Alternativen suchen. Dann gibt es Jahre, wo alles reibungslos funktioniert. Letztes Jahr hingegen war ein eigentlicher Horror für mich. Wir hatten jeden Tag mit Problemen zu kämpfen. Am Donnerstag war das Theater mit Lil Wayne. Am Freitag spielte das Wetter nicht mit und wir mussten gegen den Sturm ankämpfen. Und am Sonntag hat Tory Lane sein Konzert abgebrochen. Da war ich vier Tage eingespannt, um irgendwelche Probleme zu lösen. Das war doch sehr anstrengend. Darum hoffe ich, dass die diesjährige Ausgabe ohne Probleme über die Bühne geht.
Wie pflegeleicht sind die Musikerinnen und Musiker am Open Air Gampel?
Im Grossen und Ganzen sind die Bands sehr pflegeleicht. In diesem Zusammenhang darf man nicht ausser Acht lassen, dass die Organisation mit einem grossen Aufwand verbunden ist. Wenn eine grosse Band mit 30 bis 40 Leuten ankommt, muss man sich die Dimensionen vorstellen. Das ganze Material, die Fahrzeuge, dazu kommt die Garderobe, Hotelübernachtungen, Catering usw. Aber es ist nicht so, dass die Bandmitglieder extrem kompliziert sind.
Das heisst, Spezialwünsche halten sich in Grenzen?
Das ist so. Es sind eher personenspezifische Sachen, mit denen wir uns herumschlagen. Wenn jemand krank ist oder allergisch, dann versuchen wir darauf Rücksicht zu nehmen. Aber die Wünsche der grossen Bands sind sehr ähnlich. Es braucht eine gewisse Infrastruktur und Catering, um die Leute zufriedenzustellen. Wir haben auch viele Leute, die schon lange im Business arbeiten und sich einbringen. Das hilft natürlich extrem.
Einer der Headliner ist dieses Jahr das britische Electro-Duo Chemical Brothers. Verdrängt die elektronische Musik das eigentliche Rockfestival?
Elektronische Musik ist eine Variante von vielen. Die Nachfrage nach elektronischer Musik hat schon vor vielen Jahren eingesetzt. In den letzten Jahren kamen wieder tendenziell die Live-Bands auf. Ich glaube, ein gutes Festival muss vielen Musikrichtungen Platz bieten. Dazu gehört auch elektronische Musik. Das Ziel muss es sein, unserem Publikum gerecht zu werden und nicht unbedingt so viele Live-Bands wie möglich auf der Bühne zu haben. Mein Herz schlägt auch für Live-Musik, ich bin ein Rock ’n’ Roller. Aber wir machen das, was unser Publikum will. Und wenn ein Grossteil unserer Besucherinnen und Besucher gerne elektronische Musik hört, dann ist nichts dagegen einzuwenden. Das ist eine Zeiterscheinung. Aber ich glaube nicht, dass elektronische Musik den Rock ’n’ Roll verdrängt.
Wie schwierig ist es denn, allen Publikumswünschen gerecht zu werden?
(überlegt lange) Das ist nicht ganz einfach. Für mich ist es wichtig, dass ich bei der Programmzusammenstellung auf gute und erfahrene Leute zurückgreifen kann. Ich denke da vor allem an Derrick Thomson von Mainland in Zürich, mit dem ich seit 20 Jahren zusammenarbeite. Er hilft und unterstützt mich in diesem Bereich. Aber es ist tatsächlich eine Herausforderung, allen gerecht zu werden. Letztlich macht es der Mix aus verschiedenen Bereichen aus. Man muss sich auf dem Markt herumhören und darauf achten, welche Musik in ist. Wir sehen es als eine Verpflichtung gegenüber dem Open-Air-Besucher an, dass wir ein breites Musikspektrum haben. Ich sehe das Ganze wie ein grosses Puzzle, das in sich stimmen muss. Darum ist es uns wichtig, dass wir mehrere Verpflichtungen für Gampel gleichzeitig bekannt geben können. Ich finde es schlecht, wenn man nur einzelne Bandnamen bekannt gibt. Das wird dem Festivalprogramm nicht gerecht.
Wie sind Sie mit dem diesjährigen Programm zufrieden? Haben Sie die Künstler bekommen, die Sie wollten?
Ich bin sehr zufrieden und habe unsere Möglichkeiten optimal genutzt. Dieses Jahr habe ich viel Freude, weil wir drei grosse Headliner haben. Auch im mittleren und unteren Bereich haben wir ein paar starke Bands verpflichtet. Und ich bin auch überzeugt, dass das Programm in Gampel sehr gut ankommen wird. Es sind viele Rockbands dabei und auch gute Partymusik. Ein guter Mix.
Wie gross ist das Musik-Budget für das diesjährige Open Air Gampel?
Das Musik-Budget beläuft sich auf rund 1,8 Millionen Franken. Schon jedes Jahr im Herbst machen wir die Budgetplanung für das kommende Jahr.
Der Schweizer Festivalmarkt ist dicht gedrängt. Wie gross ist der Konkurrenzkampf um die verschiedenen Bands?
Wir sind mit den anderen grossen Festivals in einem Verband zusammengeschlossen und pflegen ein freundschaftliches Verhältnis untereinander. Die Schweizer Festivals sind für mich auch keine Konkurrenz. Viel mehr Sorgen bereiten mir dagegen die Festivals in Europa, die am gleichen Wochenende stattfinden wie wir. Diese Festivals haben mehr Geld, sind grösser und liegen auf dem Routing der internationalen Stars. Gegen diese Festivals muss ich offerieren. Das Problem ist zudem, dass wir vielfach nicht auf dem Weg liegen. Darum sage ich, eine Band, die in Gampel auftreten will, kommt nicht des Geldes wegen nach Gampel. Wir zahlen in den allermeisten Fällen weniger als andere Festivals. Gampel hat mittlerweile einen sehr guten Ruf und darum treten sie auch bei uns auf.
Wie gehen Sie mit Kritik in Bezug auf die Verpflichtung der Bands um?
Das geht für mich in Ordnung. Wenn jemand das ganze Programm in Gampel gut finden würde, dann habe ich etwas falsch gemacht. Natürlich gibt es Kritiken. Aber das ganze Programm muss als Ganzes daherkommen. Aber mittlerweile gibt es wenig Kritik. Früher hat man mich auf der Strasse angesprochen und mich lautstark kritisiert. Heute ist das nicht mehr der Fall. Unser Ziel ist es, das Festival zum Headliner zu machen. Nicht nur die Musik, auch die Party und das Ambiente sind wichtig.
Tut es Ihnen als Programmchef nicht weh, wenn jemand der Party wegen nach Gampel kommt, und nicht wegen der Musik?
Das ist mir egal. Mein Herz schlägt für das Festival, auch wenn ich als Programmchef arbeite. Wir müssen ein gutes Festival auf die Beine stellen. Ob dabei die Musik oder die Party für die Besucher ausschlaggebend ist, ist für mich zweitrangig. Das Festival ist der Headliner.
Dieses Jahr will man in Gampel nicht nur musikalisch, sondern auch beim Littering Akzente setzen. Was hat es damit auf sich?
Wir haben uns dieses Jahr etwas Besonderes ausgedacht und sammeln am Schluss alle Zelte ein, die auf dem Platz zurückbleiben. Damit wollen wir auch ein Zeichen setzen, dass wir nachhaltig arbeiten und uns auch Gedanken zur Entsorgung machen.
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