Randa | Yann Dupertuis arbeitet als Bergretter
«Als Bergretter braucht man eine dicke Haut»
Yann Dupertuis aus Randa ist einer von zehn Bergrettern rund um Zermatt. Seit fast 30 Jahren geht er für Menschen in Gefahr an seine Grenzen.
«Um das Matterhorn zu besteigen, benötigt man jahrelange Vorbereitung, eine sehr gute Kondition, man muss im vierten Schwierigkeitsgrad klettern können und braucht eine gute Akklimatisierung», erklärt Yann Dupertuis, ein erfahrener Bergführer aus Randa. Weil aber nicht alle Bergsteiger diesen hohen Anforderungen genügen, manche von ihnen schlecht ausgerüstet sind und sich ohne einen Bergführer in die Berge aufmachen, muss er regelmässig als Bergretter ausrücken.
Balance unter dem Helikopter
Manchmal hängt sich Dupertuis an eine bis zu 90 Meter lange Seilwinde, die seitwärts am Rettungshelikopter befestigt ist. Ein Balanceakt sowohl für den Bergretter als auch für den Piloten. «Ein guter Funkkontakt zum Piloten ist in diesem Moment sehr wichtig», erklärt Dupertuis. Denn es ist auch für den Piloten nicht einfach, bei dem an der Seite hängenden Gewicht des Bergretters den Helikopter stabil zu halten und gleichzeitig punktgenau und so nah wie möglich an einen Verunfallten heranzukommen. «Wenn man damit rechnen muss, dass eine Rückenverletzung vorliegen könnte, kann man den Patienten nicht einfach an die Seilwinde hängen, sondern muss ihn erst mal in eine Vakuummatratze betten», ergänzt Dupertuis. Alle fünf Wochen ist er während sieben Tagen rund um die Uhr in ständiger Alarmbereitschaft. «Ich kann in dieser Zeit zwar zu Hause sein und könnte sogar heuen», erzählt Dupertuis, der sich nebenbei ein paar Hirsche hält und das Heu einbringen muss. «Wenn ein Notruf kommt, muss ich aber buchstäblich alles stehen und liegen lassen, um innert zehn Minuten abholbereit zu sein.»
Die schwierigsten Situationen
Als erfahrener Bergretter mit sehr guten Ortskenntnissen im alpinen Gelände weiss Duper-
tuis meist schon, was ihn erwartet, wenn ein Notruf bei ihm eintrifft. Am schwierigsten sind für ihn aber nicht die Situationen, in denen ein abgestürzter Bergsteiger nur noch tot geborgen werden kann. Selbst wenn er dabei Bilder zu Gesicht bekommt, «bei denen man echt eine dicke Haut braucht», wie Dupertuis sich ausdrückt. Schwieriger zu verkraften sind für ihn die Situationen, wo er einen Verunfallten zwar lebend auffindet, die Person aber nicht lebend geborgen werden kann oder später im Spital stirbt. Gerade im letzten Winter war Dupertuis mit einer solchen Situation konfrontiert. «Die Gletscherspalte war so eng, dass ich vier Stunden benötigte, bis ich den Verunfallten erreicht habe», erzählt Dupertuis. Inzwischen habe dieser das Bewusstsein verloren, konnte aber noch in ein Spital nach Bern geflogen werden. Trotzdem sei er am Tag darauf gestorben – unverletzt, aber an den Folgen der Unterkühlung.
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