Region | Wallis
Cina erhöht Druck auf die Gemeinden
Der Staatsrat nimmt die Gemeinden bei der Raumplanung in die Pflicht. Die Regierung prüft zudem die Möglichkeit, für gewisse Zonen Bauverbote auszusprechen.
Eine neue Grossüberbauung hier, ein Millionenprojekt dort. Im Oberwallis wird kräftig gebaut. Letztes Beispiel: Beim Klosterbad in Brig sollen 60 neue Wohnungen entstehen. Doch so sehr sich die Baubranche über dieses Wachstum freuen dürfte, ziehen am Bauhimmel doch auch dunkle Wolken vorbei. Denn mit jedem neuen Bauprojekt werden die Baulandreserven der Gemeinden kleiner.
Die Gemeinden in der Pflicht
Die Schatten über den Bauprojekten wirft die neue Raumplanung. Im Zuge der Revision des Raumplanungsgesetzes müssen die Gemeinden nämlich ihre Reserven auf ein ihrer Bevölkerung entsprechendes Mass verkleinern. Derzeit läuft die Umsetzungsphase. Wie lange diese dauert, ist aber noch nicht klar. Klar ist dagegen, dass im Wallis besonders viele Bauzonen zurückgezont werden müssen. Man spricht von bis zu zwei Drittel der Reserven. Wird also im Moment noch möglichst viel gebaut, damit man, wenn es so weit ist, nicht von den Rückzonungen betroffen ist, weil die Gebäude bereits stehen, oder zumindest bereits eine Baubewilligung erteilt wurde? «Punktuell kann durchaus die Gefahr bestehen, dass in den nächsten Jahren Flächen überbaut werden, die allfällige zukünftige Rückzonungen erschweren könnten», sagt der zuständige Staatsrat Jean-Michel Cina. «Ein grosser Teil der Reserven liegt aber vor allem in Gebieten, in denen die Nachfrage nach Wohnraum nur leicht oder gar nicht wächst.» Dennoch macht sich der Staatsrat Gedanken über die derzeitigen Bauaktivitäten und nimmt dabei die Kommunen in die Pflicht. Die Gemeinden sind schliesslich jene Behörden, die die Bauvorhaben bewilligen. Das heisst, dass die Gemeinden die Verantwortung für ihre Siedlungsentwicklung tragen», erklärt Staatsrat Cina. «Ich habe die Gemeinden bereits im letzten September mit einem Schreiben darauf hingewiesen, dass sie diese Verantwortung wahrnehmen und, falls eine Zersiedlungsgefahr besteht, die betroffenen Gebiete mit Planungszonen blockieren müssen.» Für den Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz SL, Raimund Rodewald, tun sich aber einige Gemeinden derzeit noch sehr schwer damit, diese Verantwortung wahrzunehmen. «Man hat in der Tat das Gefühl, dass vielerorts noch schnell versucht wird, Bauprojekte durchzuboxen, um zu gegebener Zeit nicht mehr zu viel Land zurückzonen zu müssen», sagt er. «Das ist verantwortungslos und teilweise auch Geld zum Fenster hinausgeworfen.» Damit meint Rodewald verschiedene Erschliessungsprojekte der letzten Zeit. «Teilweise werden Erschliessungsstrassen am Rande des Siedlungsgebiets gebaut, obwohl die Gemeinden wissen, dass sie irgendwann Bauland zurückzonen müssen. Die Strassen kosten Steuergelder und werden vielleicht nie zu einem Haus führen.» Rodewald betont, dass es keine Möglichkeit gibt, sich vor dem neuen Raumplanungsgesetz zu «verstecken». «Die Rückzonungen kommen, das ist Fakt», hält er fest. «Die Kommunen täten also gut daran, bei der Bewilligung neuer Bauvorhaben Vorsicht walten zu lassen. Denn Fehlentscheidungen, die jetzt getroffen werden, muss die Politik irgendwann vor dem Volk verantworten.» Auch Staatsrat Jean-Michel Cina rät den Gemeinden zur Vorsicht. «Schlussendlich wird der Bund vom Kanton Wallis verlangen, die quantitativen Vorgaben des Raumplanungsgesetzes umzusetzen, das heisst die überschüssigen Flächen zu blockieren oder zurückzuzonen», sagt er. «Eine unkoordinierte Bautätigkeit in problematischen und peripher gelegenen Gebieten wird die Gemeinden also früher oder später einholen.» Der Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz, Raimund Rodewald, fordert darum von den Gemeinden, schon jetzt entsprechende Planungszonen zu erlassen. «Vor allem im Goms und westlich von Visp ist es unerlässlich, dass sich die Gemeinden mit der Problematik auseinandersetzen», sagt er.
Kanton hat Möglichkeit zum Eingriff
In diesem Zusammenhang erinnert Staatsrat Jean-Michel Cina daran, dass der Kanton die Möglichkeit hat einzugreifen, sollte eine Fehlentwicklung festgestellt werden. «Der Kanton kann beispielsweise neue Erschliessungsprojekte am Rande der Bauzone nicht bewilligen», sagt Cina. «Die Übergangsbestimmungen des Bundesgesetzes über die Raumplanung erlauben es dem Kanton zudem, kantonale Planungszonen zu erlassen, mit denen ganze Bereiche einem Bauverbot unterstellt werden können.» Der Kanton sei derzeit dabei, diese Möglichkeit eingehend zu prüfen und die Gemeinden zu informieren, sagt der Staatsrat und erhöht damit den Druck auf die Gemeinden.
Martin Meul
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