Saas-Grund | Christoph Gysel im Porträt
Der vielseitige Saaser Pfarrer
Er predigt, traut Hochzeitspaare, schreibt Bücher und organisiert ein Public Viewing. Das Leben von Christoph Gysel (60) als Seelsorger ist vielseitig. Ein Porträt.
«Ich will mich dort engagieren, wo der Schuh drückt. Und das ist im Saastal der Tourismus», sagt Christoph Gysel. Gysels touristische Tätigkeit ist breit gefächert: So engagiert er sich bei der Animation und dem Marketing, er textet, ist aktiver Blogger, hat als Autor schon mehrere Bücher herausgegeben und veröffentlicht in den «Allalin News» jeweils eine Kolumne. Dabei ist er bekannt für seine «spitze» Feder, wo er sich so manchen Seitenhieb Richtung politischer Behörden oder touristischen Akteuren des Saastals nicht verkneifen kann. Nebst all dem ist er während der zurzeit laufenden Fussball-WM auch Organisator des Public Viewing in Saas-Grund. Er sei immer schon «vielseitig kulturell angehaucht» gewesen, betont er.
Als Winzer begonnen
Für das erfolgreiche Gelingen seiner Projekte setzt er fast immer auf Freiwilligenarbeit. «Geht man mit gutem Beispiel voran und packt selbst an, so lassen sich oft andere davon anstecken und ziehen mit», sagt der Ostschweizer. Aus der sich daraus entwickelnden Gemeinschaft entstehe oftmals etwas Grosses mit viel Nutzen für die Allgemeinheit. «Die guten Taten beginnen im Kleinen.» Darauf basiere im Kern auch seine Idee des «ganzheitlichen Christen». Denn im Herzen ist Gysel trotz seiner touristischen Tätigkeit vor allem eins: Pfarrer und Seelsorger. «Für mich ist ein Christ nur glaubwürdig, wenn es auch so gelebt wird», sagt der Vater von drei erwachsenen Kindern. Gysel wächst mit acht Geschwistern im Kanton Schaffhausen in einer christlich geprägten Familie auf und macht (vorerst) die Lehre zum Winzer. Aus gesundheitlichen Gründen absolviert er mit dem Theologiestudium einen zweiten Bildungsweg und wird doch noch Pfarrer. «Den Pfarrer hatte ich immer schon im Blut», meint er schmunzelnd. Als solcher übernimmt er Ende der 1980er-Jahre die Leitung eines dem «Verband christlicher Hotels» angehörenden Hotelbetriebs in Saas-Grund. Dieses bleibt vom grossen Unwetter 1993 verschont und Gysel hilft bei der anschliessenden Bewältigung mit: Er beherbergt zahlreiche Helfer unentgeltlich. «Damit habe ich mir bei den Einheimischen viel Goodwill verschafft», sagt er. Später kauft er das Hotel sogar und baut es zu Ferienwohnungen um. Das wiederum verschafft ihm für seine anderweitigen touristischen Aktivitäten freie Kapazitäten. So ist er auch Vizepräsident des Tourismusvereins Saas-Fee/Saastal und Vizerichter von Saas-Grund.
Vertrauen schenken
Vordergründig ist er aber Pfarrer und ist von der evangelisch-reformierten Kirche des Wallis offiziell als «Tourismuspfarrer» angestellt. Dabei arbeitet er eng mit Pfarrer Tillmann Luther aus Visp zusammen und ist vorwiegend in den Tourismusorten für die Seelsorge bei Gottesdiensten, Taufen oder aber Hochzeiten verantwortlich. Bei all seinen Tätigkeiten lege er den Fokus auf die Nächstenliebe. So habe er während seiner Zeit als Hotelier jeweils Stellen für sozial benachteiligte Menschen freigehalten. Einmal sei er von einem Mitarbeiter sogar bestohlen worden, welchen «ich danach wieder eingestellt habe». Im Saastal sei er mittlerweile richtig angekommen. «Hier gibt es kein anderes ‹Grüezi›, welches so akzeptiert ist wie ich», sagt er. Die hohe Akzeptanz habe er sich aber erarbeiten müssen, und er sei stets dem gleichen Erfolgsrezept treu geblieben: «Den Menschen Vertrauen schenken.»
Peter Abgottspon
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