Saas-Grund | Heinz Kalbermatten geht in Pension
Der wandernde Apotheker
Während fast 40 Jahren war Heinz Kalbermatten Apotheker in Saas-Grund. Jetzt wird er pensioniert. «Trotz gemischten Gefühlen freue ich mich darauf», sagt er.
«Damals bei der Eröffnung der Apotheke hatte ich gemischte Gefühle. Jetzt kurz vor der Pensionierung fühle ich genau das Gleiche. Damit schliesst sich nach fast vier Jahrzehnten der Kreis», sagt der 65-jährige Grossvater von drei Enkelkindern. Trotzdem freue er sich auf die Zeit danach und dass er dann mehr Zeit für seine grosse Leidenschaft, das Wandern, haben werde.
Hektisches Jahr 1979
Heinz Kalbermatten wächst in Saas-Fee auf und absolviert dort auch die Primarschule. Danach geht er nach Brig ins Kollegium. Er erinnert sich noch gut daran: «Für den Fall, dass man das Kollegium absolvieren wollte, erfolgte der Übertritt direkt nach der PS. Dafür aber dauerte dies dann acht Jahre.» Schon als Schulbub interessieren ihn Mathematik und naturwissenschaftliche Themen. Ihm seien diese Fächer immer leichtgefallen. Zudem gilt er als naturliebender Mensch. So entscheidet er sich für ein sechsjähriges pharmazeutisches Studium an der Uni Bern. Während der Studienzeit spielt er immer wieder mit dem Gedanken, Lehrer zu werden. «Das war immer eine Op-
tion», erklärt er. Nichtsdestotrotz geht er den eingeschlagenen Weg weiter. Während der letzten Studienjahre macht er sich Gedanken um seine berufliche Zukunft. Da es zur damaligen Zeit im ganzen Tal nur eine Apotheke gibt und gleichzeitig in Saas-Grund an guter Lage eine freie Lokalität ausgeschrieben ist, entscheidet er sich, eine Apotheke zu eröffnen. Das war 1978. Zu diesem Zeitpunkt hat er das Studium noch nicht abgeschlossen. Er erinnert sich: «Das war eine hektische und intensive Zeit. Ich befand mich im letzten Studienjahr, im Prüfungsstress, hatte noch kein Diplom im Sack, hatte einen Mietvertrag unterschrieben und musste mich gleichzeitig um alle notwendigen Dinge für die Eröffnung eines eigenen Geschäfts kümmern.» Nichtsdestotrotz bringt er alles unter einen Hut und schliesst das Studium im Mai 1979 erfolgreich ab. Dann geht es Schlag auf Schlag. Im Juli ist seine Saastal-Apotheke bei der Kirche in Saas-Grund möbliert, eingerichtet, die Regale gefüllt und bereit für die Eröffnung. Im September desselben Jahres heiratet er seine heutige Frau Elsbeth. «Das Jahr 1979 hat sich fest in meinem Kopf verankert», erklärt er.
Erfolgreiche Eröffnung
Er erinnere sich noch sehr detailliert an den ersten Tag in seiner Apotheke: «Wir eröffneten am 3. Juli, einem Dienstag. Zur Eröffnung überreichten wir allen Kunden als Begrüssungsgeschenk eine kleine Hausapotheke. Das war allen bekannt. So stand bereits zehn Minuten vor der Eröffnung, um acht Uhr, der erste Kunde vor der Tür und beklagte sich über Kopfschmerzen. Ich überreichte ihm ein Medikament und das Begrüssungsgeschenk. Und siehe da, das Medikament zeigte offensichtlich seine Wirkung. Ich habe den Kunden danach während vierzig Jahren nie mehr bei uns gesehen.» Nebst dieser amüsanten Begegnung sei der erste Tag seiner Selbstständigkeit sehr erfolgreich verlaufen. Die Kunden hätten ihm fast die Tür eingerannt. «Am Abend hatten wir teils leere Regale.» Daneben sind ihm in all den Jahren vor allem aber auch seine zahlreichen treuen Kunden in Erinnerung geblieben. Zu diesen zählten auch viele ältere Bewohner: «Viele kamen und fragten jeweils meine Mitarbeiter, ob «er» denn da sei und verlangten dann meistens nur ein banales Schmerzmittel. Sie wollten einfach aus purer Gewohnheit nur von mir bedient werden.»
Zweimal Hochwasser
Nebst den amüsanten Geschichten rund um seine Kunden gab es aber in all den Jahren auch negative Erlebnisse. So stand der Keller des Geschäfts Ende der 80er-Jahre aufgrund eines Hochwassers 30 Zentimeter unter Wasser. Gar komplett überflutet wurde derselbe 1993. «Die Vispa trat über die Ufer, drang in den Keller, nahm die Medikamente mit und verteilte diese weiter unten im Tal», erzählt er mit einem Augenzwinkern. Über das damalige «Radio Saas» habe er dann die Bevölkerung aufgerufen, die allenfalls gefundenen Medikamente zu ihm zurückzubringen, damit diese anschliessend zumindest fachgerecht entsorgt werden konnten.
Der «Langstrecken-Wanderer»
All das sei nun aber vorbei und er blicke zwar mit gemischten Gefühlen, aber dennoch zuversichtlich auf die kommende Zeit nach dem 27. April – seinem letzten Arbeitstag. Eine zurzeit bei ihm beschäftigte Mitarbeiterin macht sich nach seiner Pensionierung selbstständig und eröffnet an einem anderen Standort in Saas-Grund eine neue Apotheke. «Mit diesem nahtlosen Übergang wird es so auch weiterhin eine Apotheke in Saas-Grund geben.» Das freue ihn für die Kunden. Nach der Schliessung wird er sich zusammen mit seiner Frau seiner grossen Leidenschaft, dem Wandern, widmen. Dabei hat er Grosses vor. So werden sie während 21 Tagen vom jurassischen Pruntrut nach Chiasso wandern. Erfahrungen mit langen Strecken haben beide bereits zur Genüge. So haben sie schon die über 400 Kilometer lange Strecke vom Bodensee zum Genfersee zu Fuss zurückgelegt. Diese Zeit werde er so richtig geniessen, «denn», so sagt er, «das Pensionsalter ist ein gefährlicher Abschnitt. Das überlebt niemand.»
Peter Abgottspon
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