Sommerserie | Region
«Dieser Tunnel ist einzigartig»
Das «Furkaloch» sorgte in den 1980er-Jahren schweizweit für Schlagzeilen. Jetzt wird es saniert. Mit den Bauarbeiten wurde unter laufendem Betrieb bereits begonnen.
Anton Ackermann aus Rupperswil AG kennt den Tunnel Meter für Meter. Er war schon beim Bau dabei. Bevor der rund 15 Kilometer lange Furka-Basistunnel 1982 eröffnet wurde. Er galt damals als längster schmalspuriger Eisenbahntunnel der Welt, ist aber abgesehen von zwei Kreuzungsstellen nur eingleisig befahrbar und nur minimal ausgebaut worden. Für Fachleute gilt der Tunnel heute noch als einzigartig – selbst wenn in Graubünden inzwischen der noch längere schmalspurige Vereina-Tunnel in Betrieb genommen wurde. Heute ist Ackermann wieder an vorderster Front dabei, als Bauherren-Unterstützer (BHU). In den nächsten sieben Jahren soll das legendäre «Furkaloch» totalsaniert werden – und dies möglichst ohne den täglichen Zugverkehr zu behindern.
Vorbereitungsarbeiten laufen bereits
Gegenwärtig werden die Bauplätze vorbereitet. Direkt vor den beiden Portalen sind bereits 90 Meter lange Baugleise erstellt worden. In Oberwald wird zurzeit noch eine Zufahrtsstrasse gebaut, sodass die LKW das Dorf umfahren können. Wenn die Sanierung im Jahr 2022 abgeschlossen sein wird, soll aus dieser Strasse eine Langlaufloipe entstehen. In der Tunnelmitte wird ausserdem noch in diesem Sommer eine Tunnellüftung installiert. Um diese einzubauen, musste eine neue Kaverne ausgebrochen werden. «Im Ereignisfall kann der Tunnel in der Mitte geschlossen werden, um mit den Ventilatoren eine rauchfreie Zone zu schaffen, sodass giftiger Rauch abgesaugt und die Zugpassagiere gerettet werden können», erklärt Ackermann. Dank einem neuen Handlauf mit einem durchgehenden grünen Lauflicht, welches den Fluchtweg in die richtige Richtung anzeigt, soll auch die Selbst- und Fremdrettung im Tunnel verbessert werden. Wenn auch die endgültige Inbetriebsetzung der sicherheitstechnischen Massnahmen erst nach Abschluss der Bauarbeiten erfolgen wird, wird die Lüftung jetzt schon den Bauarbeitern zur Versorgung mit frischer Atemluft dienen.
Totalsanierung nach 33 Jahren
Die Erhöhung der Sicherheit im Tunnel und die bauliche Instandhaltung sind denn auch die Hauptgründe, weshalb der Tunnel nach 33 Betriebsjahren totalsaniert werden muss. Nicht weil sich der Fels bewegt. Im Gegenteil: «Geologische Untersuchungen haben keine grossen Verformungen gezeigt», sagt Elmar Eggel, Projektleiter der Matterhorn Gotthard Bahn (MGBahn). Weitere Sprengungen oder Bohrungen sind nicht nötig. Doch «aufgrund der damals sehr knappen finanziellen Mittel wurde der Tunnel während der Bauzeit nur einschalig mit Spritzbeton ausgebaut.» Viele andere Tunnels verfügen über eine zusätzliche Innenschale, sodass eindringendes Wasser besser abgeleitet werden kann. Auch die Instandsetzungen am Gewölbe des Furkatunnels, was in den nächsten zwei Jahren erfolgen wird, dienen vor allem dazu, das Wasser zu fassen und abzuleiten. Mit dem 16 Grad warmen Wasser werden Haushaltungen in Oberwald und demnächst auch in Obergesteln mit Fernwärme versorgt.
Das legendäre «Furkaloch»
Die massive Kostenüberschreitung beim Bau des «Furkalochs» sorgte Anfang der 1980er-Jahre schweizweit für Schlagzeilen. «Aus den budgetierten 70 Millionen wurden 318 Millionen», erinnert sich Ackermann, «doch Fachleute wussten schon von Anfang an, dass 70 Millionen nicht reichen werden.» Damals sei allerdings auch politisch entschieden worden. Selbst das Eröffnungsdatum im Sommer 1982 war politisch – die Fertigstellungsarbeiten dauerten nach Inbetriebnahme noch weitere fünf Jahre. Für das Goms war der politische Entscheid aber trotzdem gut. Da der Bahnbetrieb über die Furka-Bergstrecke im Winter eingestellt werden musste, war das Goms zuvor eine 45 Kilometer lange Sackgasse. Nie realisiert wurde jedoch die Idee zum Bau eines Alpenkreuzes, wodurch auch Meiringen und Airolo miteinander verbunden worden wären. Einziges Überbleibsel dieser Idee ist das Bedretto-Fenster in den Kanton Tessin. Dieser 5,2 Kilometer lange Stollen diente während der Bauzeit dem Materialtransport, kann heute aber weder als Rettungsstollen noch für den Unterhalt genutzt werden. Einzig die Lüftungszentrale kann nun im bereits bestehenden Seitenstollen platziert werden.
Wird Goms erneut zur Sackgasse?
In ein paar Jahren könnte das Goms jedoch erneut für ein paar Monate zur Sackgasse werden. Nach den Arbeiten in den Jahren 2016 und 2017 am Tunnelgewölbe – jeweils nachts wenn keine Züge fahren – und der Erneuerung der Kabelanlagen während weiterer zweier Jahre steht ab 2020 die Erneuerung der Fahrbahn und der Fahrleitung an. «Geplant ist, dass die Züge dann auf einer festen Fahrbahn ohne Schotter fahren werden und mit einer Decken-Stromschiene anstelle des heutigen Fahrdrahts», erklärt Ackermann. Gegenwärtig geht man davon aus, dass der Tunnel dafür zweimal für drei Monate total gesperrt werden muss. «Die Sperrungen sind jedoch für die Sommermonate geplant, sodass das Goms nicht wieder zur Sackgasse wird, sondern über die Furkapassstrasse erreichbar bleibt», betont Elmar Eggel.
Christian Zufferey
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