Bern/Visp | 75-Jahr-Jubiläum der SAB
Egger fordert neue Lösungsansätze für Pendlerverkehr
Die Schweiz zahlt jährlich Hunderttausende von Franken für den Pendlerverkehr zwischen Domodossola und Brig – Italien aber fast nichts. Für SAB-Direktor Thomas Egger ist das aber nur ein Thema, dem er sich nach dem 75-Jahr-Jubiläum widmen will.
Im Jahr 1943 wurde in Bern die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Bergbauern gegründet, heute Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB). Der Visper Thomas Egger ist seit
16 Jahren deren Direktor. Mit zahlreichen Aktivitäten, namentlich einem Berggebiets-Event auf dem Bundesplatz in Bern, wo sich die SAB erstmals zusammen mit regionalen Naturpärken und UNESCO-Gebieten präsentierte, machte Egger auf das 75-Jahr-Jubiläum aufmerksam. Jetzt zieht er Bilanz und skizziert neue Aktionen für die Zeit danach. Einige davon betreffen auch das Oberwallis.
Pendlerströme aus Italien
An einer öffentlichen Podiumsdiskussion im neuenburgischen Le Locle präsentierte Egger einen Aktionsplan zum internationalen Pendlerverkehr, weil Verkehrsverbindungen nur national organisiert seien, über Grenzen hinweg aber schlecht funktionierten. «320 000 Personen, das sind fast so viele, wie das Wallis Einwohner hat, überqueren jeden Tag die Grenze zur Schweiz, um hier zu arbeiten. Die Folge sind chronisch verstopfte Strassen», erklärt Egger. Im Oberwallis ist die Problematik zwar weniger gravierend als etwa im Tessin oder an der Grenze in Le Locle, weil es ausser über den Simplon keine Möglichkeit gibt, die Grenze zu überqueren. Hier stört sich Egger aber daran, dass der Regionalverkehr von Iselle, Varzo, Preglia und Domodossola nach Brig praktisch vollständig von der Schweiz finanziert wird – mehrere Hunderttausend Franken pro Jahr. «Wir sind zwar auf die Arbeiter aus Italien, die täglich mit dem Zug nach Brig kommen, angewiesen», betont Egger. Doch ihre Steuern zahlen italienische Arbeitnehmer in Italien — nur interessiere sich Italien praktisch nicht dafür, ob der Eisenbahnbetrieb durch den Simplontunnel funktioniere. Von einer Mitfinanzierung vom Betrieb nicht zu reden. «Bisher wurde immer nur über den alpenquerenden Güterverkehr gesprochen, aber nie über das Phänomen des interalpinen Pendlerverkehrs», betont Egger. Nur schon mit den internationalen Nachbarn in den Dialog zu kommen, würde Egger bereits als Erfolg werten. Letztlich steht für ihn aber fest, für den Pendlerverkehr von und nach Domodossola brauche es neue Lösungsansätze.
Stauseen den Gemeinden
Weitere Zukunftsthemen, deren sich Egger im Jubiläumsjahr angenommen hat, betreffen das Wasser, die Wertschöpfungskette im Ernährungssystem und die Smart-Villages. Bei Letzteren beteiligen sich mit Fieschertal, Ernen, Guttet-Feschel, Saas-Fee und Eischoll bereits fünf Oberwalliser Gemeinden an Überlegungen, um das Potenzial der Digitalisierung sinnvoll zu nutzen. Beim Ernährungssystem nimmt Egger den Tourismus in die Pflicht. «Ich wünsche mir, dass im Berggebiet jedes Hotel Käse aus der Region auf dem Frühstücksbuffet anbietet, was heute aber noch nicht der Fall ist», so Egger. Schliesslich ist auch Wasser in Zukunft ein Schlüsselthema. Der Klimawandel und trockenere, heissere Sommer mit plötzlichen, aber heftigen Niederschlägen könnten es nötig machen, Staudämme nicht mehr nur zur Energieproduktion, sondern auch als Speicher für Trinkwasser, Wässerwasser oder Beschneiungsanlagen zu bauen. «Dann gehört der Stausee aber vielleicht nicht mehr einem Elektrizitätswerk, sondern der Gemeinde», meint Egger.
Christian Zufferey
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