Region | Grächen
Grächen: Kampf um die Nachtambulanz
Der Kanton Wallis will die Nachtambulanz Mattertal in Zukunft nicht mehr subventionieren. Die Betroffenen in Grächen und Umgebung reagieren enttäuscht und konsterniert. Es geht um 100 000 Franken.
«Ich habe in den letzten Jahren sämtliche mir als Grossrätin zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft, um unsere Nachtambulanz zu retten», sagt Liliane Brigger. Noch im letzten Herbst hatte der Grosse Rat ein entsprechendes Postulat der Grossrätin und Grächner Gemeinderätin mit grosser Mehrheit gut geheissen.
Doch in der neuen kantonalen Planung der Ambulanzdienste, die ab Juli 2015 schrittweise in Kraft tritt, sind für die Nachtambulanz Mattertal keine Subventionen mehr vorgesehen. «Dass sich der Kanton so einfach über eine Zweidrittelmehrheit im Grossen Rat hinwegsetzt, erstaunt mich schon», sagt Brigger.
Enttäuscht reagiert auch der in St. Niklaus lebende Stefan Truffer, Präfekt des Bezirks Visp: «Wir haben hier Industrie wie etwa die Scintilla, dazu verbringen während der Hochsaison Tausende von Touristen ihre Ferien bei uns. Da wäre es einfach gut, für den Notfall rund um die Uhr eine Ambulanz vor Ort zu haben.» Künftig soll die Versorgung der Region während der Nacht durch die Rettungsdienste in Visp, Saas-Grund und Zermatt übernommen werden. «Für jeden Notfall dauert es zu lange, bis die Ambulanz da ist», bringt es Sabine Kappler, Ärztin in St. Niklaus, auf den Punkt. Denn die geforderte Einsatzfrist für Ambulanzen im Wallis beträgt 20 Minuten. Kappler, die ärztliche Leiterin des Rettungsdienstes Mattertal, beobachtet zudem immer wieder, dass ausländische Feriengäste im relativ hoch gelegenen Grächen regelmässig über Herz- und Kreislaufprobleme klagen.
Auch ihr Grächner Kollege Markus Sieber pflichtet ihr bei, dass die Nachtambulanz in Grächen unbedingt weiterbestehen soll. Es gebe immer weniger Hausärzte, deshalb könne vor Ort kein lückenloser Hausarztnotfalldienst betrieben werden.
Der Hausärztliche Notfalldienst Oberwallis befindet sich in Visp. Als Folge davon wählt die Bevölkerung heutzutage auch schneller die Notfallnummer 144. In den letzten zehn Jahren sind die Notfalleinsätze im Wallis um 50 Prozent gestiegen. «Der rund um die Uhr Einsatz einer Ambulanz 365 Tage im Jahr kostet zwischen einer und anderthalb Millionen Franken», rechnet Martin Gappisch, Direktor Interverband für Rettungswesen, dem Dachverband der schweizerischen Rettungsorganisationen, vor. Nur ein kleiner Teil davon wird durch Subventionen gedeckt. Der Rettungsdienst Mattertal erhält jährlich vom Kanton 200 000 Franken, die Hälfte davon soll jetzt durch Streichung der Nachtambulanz einspart werden.
Brigger gibt zu Bedenken: «Für die neue Tagambulanz in Entremont, deren Einführung ich ausdrücklich begrüsse, spricht der Kanton über eine halbe Million Franken Subventionen. Deshalb verstehe ich nicht, dass die Nachtambulanz in Grächen wegen 100 000 Franken gestrichen werden soll.»
Franz und Fränzi Zenklusen betreiben seit 1978 den Rettungsdienst Mattertal in Grächen, der zurzeit neun Personen beschäftigt. Zur Situation möchten sie sich im Moment nicht öffentlich äussern, prüfen aber rechtliche Schritt gegen den Entscheid des Kantons. Auch Grossrätin Brigger will weiterkämpfen. Das nächste Postulat im Grossen Rat ist schon hinterlegt.
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