Region | Ärzte orten massive Probleme beim neuen Gesundheitsgesetz
Neues Gesundheitsgesetz sorgt für rote Köpfe bei den Walliser Ärzten
Die Walliser Ärztegesellschaft ist überhaupt nicht einverstanden mit den Plänen für ein neues Gesundheitsgesetzes. Der Entwurf berge massive Probleme, vor allem beim Datenschutz und der Qualitätssicherung.
In diesem Jahr feiert die Walliser Ärztegesellschaft ein grosses Jubiläum. Zum 175. Geburtstag ihrer Vereinigung hätte sich Ärztepräsidentin Monique Lehky Hagen aber sicher ein anderes Geburtstagsgeschenk gewünscht, als sie es vor ein paar Wochen vom Gesundheitsdepartement in Form des Entwurfs für ein neues Gesundheitsgesetz erhalten hat.
«Überhaupt nicht zeitgemäss»
Die allermeisten vom Gesundheitsdepartement vorgesehenen Änderungen bezeichnet Lehky Hagen schlicht als «überhaupt nicht zeitgemäss», «weltfremd» oder gar «gefährlich für die Patienten und die Qualität im Walliser Gesundheitswesen». Einzig das im neuen Gesetz vorgesehene strikte Servierverbot in Fumoirs findet die Zustimmung der Ärztegesellschaft. «Das ist einfach nötiger Arbeiterschutz», hält die Ärztepräsidentin dazu fest. Damit hat es sich aber auch schon erledigt mit der Zustimmung von Lehky Hagen zu den vorgesehenen Anpassungen im Gesundheitsgesetz.
Massive Datenschutzprobleme
Grosse Sorgen bereitet den Ärzten zunächst einmal, dass im neuen Gesundheitsgesetz der Schutz von Patientendaten aufgeweicht werden soll. «Während in der EU gerade viel strengere Datenschutzrichtlinien eingeführt wurden, will man im Wallis das genaue Gegenteil tun», ärgert sich Lehky Hagen. So eröffnet der Gesetzesentwurf beispielsweise die Möglichkeit, dass bei grossen medizinischen Studien nicht mehr die Einwilligung eines jeden einzelnen Patienten eingeholt werden muss, sondern dass der Kantonsarzt verfügen kann, dass die Ärzte die Patientendaten einfach zur Verfügung stellen müssen und zwar an jeden, der eine Studie mit vielen Probanden durchführen möchte, zum Beispiel auch Krankenkassen. «Das ist absolut untragbar», findet Lehky Hagen. Da-
tenschutzprobleme ortet die Ärztepräsidentin auch bei der neuen
Rolle der Kommission für Überwachung und Qualität der Leistungserbringung und Patientensicherheit. «Diese zuvor nur beratende Kommission bekommt einen Blankocheck und soll künftig alle beliebigen Daten von uns Ärzten einfordern und irgendwie intransparent, ohne Miteinbezug der Betroffenen verarbeiten können», sagt Lehky Hagen, «dies ohne klare Zweckbindung und ohne Einsichtsrecht. Das ist datenschutzwidrig und inakzeptabel.»
Sorgen um Qualität
Der Gesetzesentwurf gibt der Präsidentin der Ärztegesellschaft aber nicht nur in puncto Datenschutz Anlass zur Sorge. Auch die vorgeschlagenen Massnahmen zur Verbesserung der Qualität im medizinischen Bereich sieht Lehky Hagen sehr kritisch. «Anstatt Qualitätsfragen partnerschaftlich mit den Akteuren des Gesundheitswesens anzugehen, soll die Kommission für die Überwachung der Qualität Qualitätsstandards einfach von oben herab diktieren können», führt die Ärztepräsidentin aus. «So könnten zum Beispiel einfach Qualitätsstandards aus den Spitälern auf die Praxen übertragen werden, was keinen Nutzen, aber viel mehr Aufwand und darum höhere Kosten bringen würde.» Auf der anderen Seite wolle man wichtige Massnahmen zu Qualitätssicherung einfach streichen. «Früher konnten Angestellte des Gesundheitswesens Qualitätsmängel melden, wobei sie vom Gesetz vor Repressionen seitens des Arbeitgebers geschützt waren», sagt Lehky Hagen. «Dieser Schutz wurde einfach gestrichen. Diese Massnahme wird der Steigerung der Qualität sicher nicht zuträglich sein und ist in Anbetracht der Skandale, die das Walliser Gesundheitswesen erlebt hat, schlicht unglaublich.» Zudem sieht die Ärztepräsidentin im Gesetzesentwurf auch das Potenzial, den Mangel an Hausärzten im Wallis noch zusätzlich zu verschärfen.
Für eigenen Service zahlen
Grund ist die im Gesetz vorgesehene sogenannte «Dienstgebühr». Die Leistungserbringer sollen dabei 700 000 Franken pro Jahr an den Notfalldienst im Wallis zahlen, auf einen einzelnen Arzt könnten Kosten bis zu 10 000 Franken zukommen. «Dass Ärztinnen und Ärzte für einen an der Öffentlichkeit erbrachten Dienst noch selbst zahlen sollen, ist Irrsinn», echauffiert sich Lehky Hagen. «Der Mangel an Allgemeinmedizinern und Spezialisten im Wallis wird so wohl kaum entschärft werden, da unser Kanton so noch unattraktiver für junge Ärzte wird.» Man hoffe und fordere daher, dass das Gesundheitsdepartement von Staatsrätin Waeber-Kalbermatten noch deutliche Korrekturen vornehme, bevor das Gesetz in die politische Beratung gehe, so Lehky Hagen abschliessend.
Martin Meul
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